Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Schimpanſe: Gebaren des geſunden und kranken. 91

war infolge der ſhweren Erkrankung der Lunge unterſagt; Chloralhydrat, in einer Gabe von 3 & verſuhsweiſe angewandt, bewirkte kaum einen Halbſ{hlummer, niht aber Bewußtloſigkeit. Nach dreiſtündigem erfolgloſen Warten gingen wir endlih mit Gewalt ans Merk. Vier Männer ſollten das Tier feſthalten. Umſonſt: mit Aufbietung all ſeiner Kräfte ſ{leuderte der Schimpanſe die Leute zur Seite und hörte niht eher zu toben auf, bis wir die vermeintlichen Peiniger zur Thür hinausgewieſen hatten. Was dur<h Zwangsmittel niht zu erreihen geweſen war, ſollte jezt zu unſerem Erſtaunen freiwillig gewährt werden. Wieder beruhigt durch gütlihes Zureden und Liebkoſungen, geſtattete der Leidende ohne Widerſtreben eine nohmalige Unterſuchung der Halsgeſhwulſt und leitete auh diesmal bittenden Bli>kes meine Hand. Dies mußte uns ermutigen, die Operation ohne Hilfe betäubender Mittel und ohne jeglihe Feſſel zu wagen. Auf dem Schoße ſeines Pflegers ſißend, beugte der Affe den Kopf rü>wärts und ließ ſi willig in dieſer Stellung feſthalten. Die erforderlichen Schnitte waren raſh geführt; das Tier zuckte weder, noch gab es einen Laut des S<hmerzes von ſih. Eine Menge dünnflüſſiger Eiter quoll hervor, und mit ſeiner Entleerung ſchwand die Geſchwulſt. Jeßt trat freiere Atmung ein, obwohl die beſtehende Lungenentzündung immer noh eine Vermehrung der Atemzüge veranlaßte. Ein unverkennbarer Ausdru> der Freude und des Beſſerbefindens prägte ſih in den Zügen des Kranken aus, und dankbar reihte er, unaufgefordert, uns beiden die Hand, beglü>t umarmte er ſeinen Wärter.

„Leider genügte die Beſeitigung dieſes einen Leidens niht zur Rettung des Lebens. Die Halswunde heilte, aber die Lungenentzündung griff weiter um ſich. So heldenmütig und verſtändig das kranke Tier ſih während der wundärztlihen Behandlung gezeigt, ſo willig und folgſam nahm er die ihm gereihten Arzneien, ſo ſanft und geduldig erſchien er in ſeinen lezten Stunden. Er ſtarb, wie ein Menſch, nicht wie ein Tier ſtirbt.“

Dieſe Schilderungen beſchließe eine freundliche Mitteilung unſeres Tiermalers Fr. Specht über einen Schimpanſen in Nills Tiergarten zu Stuttgart. „Dieſer Schimpanſe“, ſchreibt uns Specht, „konnte förmlih lachen wie ein Menſh. Es ſcheint mir dieſes deshalb bemerkenswert, da kein Tier die Fähigkeit beſit, ſeiner Freude dur lautes Lachen Ausdru> zu geben. Es iſt dieſes meines Wiſſens noch nie in einer Beſchreibung erwähnt worden. Wenn ich dieſen liebenswürdigen Burſchen unter den Armen faßte, in die Höhe warf und wieder auffing, ſo wollte ſeine Freude kein Ende nehmen, was er durch lautes Lachen bekundete. Ebenſo wenn man ihn unter den Armen oder an den Fußſohlen kißelte. Eines Tages brachte ih ein Stü> weiße Kreide mit in den Käfig, ſeßte mih auf ſeinen Stuhl, er ſofort auf meine Beine, um hier abzuwarten der Dinge, die da kommen ſollten. Jc gab ihm nun die Kreide und malte, ſeine Hand führend, einen Marabu 2c. auf die Wand ſeines Käfigs; er ließ mich ganz ruhig gewähren und ſah mit großer Aufmerkſamfeit zu. Als i< ſeine Hand frei ließ, ſprang er blibſhnell auf den Boden, ſtellte ſich vor die Wand und ſchattierte die Figuren mit einer Geſchwindigkeit derart ab, daß in kurzer Zeit nihts mehr davon zu ſehen war — zur größten Beluſtigung der Zuſchauer. Er hatte demnach ſofort begriffen.

„Gegenwärtig beſißt der Stuttgarter zoologiſche Garten zwei Schimpanſen, welche ſehr gut miteinander ausfommen; dem Weibchen, welches ſchon früher da war, wurde ein Männchen beigeſeßt. Die Kiſte, in welcher ſih der neue Ankömmling befand, wurde über Nacht in den geräumigen und warmen Käſig des Weibchens geſtellt, um tags darauf die Vorſtel: ſung vorzunehmen. Als nun das Männhen aus ſeinem mit Watte ausgepolſterten Behälter heraustrat, ſtanden ſi< beide, auf den Hinterfüßen ſtehend, einen Augenbli> ſtumm gegenüber, umt ſi< alsdann in die Arme zu fallen und ſi< herzlih und wiederholt zu küſſen. Das Weibchen holte nun ſeine Dee herbei, breitete ſolche auf dem Boden aus, ſeßte ſich