Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
Dachs: Erlegung. Wehrhaftigkeit. Zähmbarkeit. 653
„ZH hatte ſchon im voraus auf eine Liſt geſonnen. Der Dachs iſt auf einen friſchen Trunk ſehr begierig, und wenn er dur eine Falle tagelang verhindert wird, ſeinen Bau zu verlaſſen, geſchieht es oftmals, daß er dann, nachdem ex endlih doch glü>li< herausgekommen iſt, ſoglei<h zum Waſſer eilt und dort ſo viel ſäuft, daß er tot auf dem Fle>e bleibt (?). Jh hatte ihn deshalb 2 Tage lang durſten laſſen, nahm jeßt aber eine große, matte Otter, tauchte ſie in friſches Waſſer und legte ſie ihm vor. Sowie er das Waſſer roh, erhob er ſi und bele>te die Otter. Sie ſuchte zu entwiſchen; er aber trat mit dem linken Fuße feſt auf ſie, zerriß ihren Hinterleib und fraß vor meinen Augen ein tüchtiges Stück davon mit ſichtbarem Wohlbehagen. Die Otter öffnete ihren Rachen weit und drohend, biß aber nicht zu. Jet ſebte ih ihm einen Napf vor und goß Waſſer hinein. Alsbald verließ er die Otter und ſof mit großer Begierde alles, was da war, über 2 Nößel (2 Nößel = 1 Liter). Beim Saufen läßt er niht, wie Hund und Fuchs, die Zunge vortreten, ſondern ſte>t den Mund in das Waſſer und bewegt die Unterkinnlade, als ob er kaue.“
Ganz anders als die im Alter erbeuteten betragen ſih jung eingefangene und ſorgfältig auferzogene Dachſe. Sie werden, insbeſondere wenn man ihnen ausſ<ließli< oder doh vorwiegend pflanzliche Nahrung reiht, zahm und anhänglich, können ſogar dahin ge: brat werden, ihrem Wärter zu folgen und auf den Ruf desſelben vom Freien aus nach ihrem Käfig zurückzukehren. Jm Berliner Tiergarten lebten ein paar Dachſe, welche die Beſuchér regelmäßig zu begrüßen und anzubetteln pflegten. Sie hatten ihre Lebensweiſe mert lich verändert und {liefen nur in den Vormittagsſtunden, ſo daß die ſhönen, mit erbauliher Nußanwendung ſchließenden Fibelverſe:
„Drei Viertel ſeines Lebens
Verſchläft der Dachs vergebens“ bei ihnen: vollſtändig zu ſhanden wurden. Solche Dachſe halten auch keinen Winterſchlaf mehx, ſondern kommen ſelbſt bei der ſtrengſten Kälte täglich hervor, um ihre Nahrung in Empfang zu nehmen. Vor der Kälte ſhüßen ſie ſih durch ein weihes und warmes Strohund Heulager, welches ſie im Jnnern ihres Schlupfwinkels ſorgfältig aufſchichten, und deſſen Zugang ſie je nah Steigen oder Fallen der äußeren Wärme mehr oder weniger öffnen und verſchließen. Achtſame Beobachter haben an ſolchen Gefangenen ein ſo ſeines Gefühl für Witterungsveränderungen wahrgenommen, daß ſie Grimbart unter die Wetterpropheten zählen zu dürfen behaupten.
„Jm Mai des Jahres 1833“, erzählt von Pietruvski, „bekam ih zwei junge Dachſe, ein Weibchen und ein Männchen, welche höchſtens 4 Wochen alt waren. Während der erſten Tage ihrer Gefangenſchaft waren dieſe Tierchen ziemlih ſheu und aus Furcht Tag und Nacht in einen Ballen zuſammengerollt. Binnen 5 Tagen verging ihnen jedoch dieſe Furcht: ſamkeit gänzlih, und ſie kamen dahin, das ihnen vorgehaltene Futter aus der Hand zu nehmen. Sie fraßen alles, Brot, Früchte, Milch, am liebſten jedo< rohes Fleiſh. Anfangs hielt ih ſie in meinem Vorzimmer, und ſie waren ſo treu und zutraulich, daß ſie auf den ihnen gegebenen Namen hörten. Jch hatte ſie deshalb drei volle Wochen auf meinem Zimmer, bis ſie mix endlich durch die Unruhe bei Nacht und durch die immerwährende Luſt zum Graben läſtig wurden. Dieſes bewog mich, für ſie einen großen Käfig von Eiſenſtäben nah Art der Tierbehälter in Schaubuden anfertigen zu laſſen. Fn ihm erhielt ih meine Dachſe einen ganzen Sommer hindur<. Das Reinhalten des Käfigs wurde immer pünktlich beobachtet. Erſt mit Annäherung des Herbſtes fühlte ih die Unmöglichkeit, die Tiere länger hier beherbergen zu können; denn das Fell der Dachſe wurde {hon Anfang Oktober ſehr [hmußig. F< beſchloß daher, ſie ganz naturgemäß zu halten, und dieſer Verſuch glü>te mir ausgezeichnet.
„Über einen ummauerten Graben, welcher 10 m im Durchmeſſer hatte, ließ ih no< einen ordentlichen Zaun ziehen, dur< wel<hen man mittels einer Treppe in den Graben