Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

666 Vierte Ordnung: Raubtiere; dritte Familie: Marder.

Auch Audubon erfuhr die Furchtbarkeit des Stinktieres an ſich ſelbſt. „Dieſes kleine, niedliche, ganz unſchuldig ausſehende Tierchen“, ſagt er, „iſt doh im ſtande, jeden Prahlhans auf den erſten Schuß in die Flucht zu ſchlagen, ſo daß er mit Jammergeſchrei Neißaus nimmt. Fh ſelbſt habe einmal, als kleiner Schulknabe, ſolch Unglü erlitten. Die Sonne war eben untergegangen. Jh ging mit einigen Freunden langſam meinen Weg. Da ſahen wir ein allerliebſtes, uns ganz unbekanntes Tierchen, welches gemütlich umherſ<li<, dann ſtehen blieb und uns anſah, als warte es, wie ein alter Freund, um uns Geſellſchaft zu leiſten. Das Ding ſah gar zu unſchuldig und verführeriſch aus, und es hielt ſeinen buſchigen Schwanz hoh empor, als wolle es daran gefaßt und in unſeren Armen nah Hauſe getragen ſein. Jh war ganz entzü>t, griff voller Seligkeit zu — und patſh! da \<oß das niedliche Vieh ſeinen Teufelsſaft mir in die Naſe, in den Mund, in die Augen. Wie vom Donner gerührt, ließ ih das Ungeheuer fallen und nahm in Todesangſt Reißaus.“

Fröbel hörte einmal ein Geräuſch hinter ſih und bemerkte, als er ſich umwandte, das ihm unbekannte Stinktier, welches, als er ſich nach ihm hinkehrte, augenbli>lich zu Énurren begann, mit dem Fuße ſtampfte und, ſobald er ſeinen Sto ergriff, ihm Kleider, Geſicht und Haare mit ſeiner entſeßlihen Flüſſigkeit beſprizte. Voller Wut ſchlug er das Tier tot, eilte über den Plaß und wollte dem Hauſe zu, verurſachte aber allgemeine Furcht. Die Thür wurde verrammelt, und nur aus dem Fenſter rief man ihm guten Rat zu. Waſſer, Seife, Kölniſhes Waſſer halfen nichts; endlich wurde ein kräftiges Feuer angebrannt, und der arme, verſtänkerte Reiſende legte die ihm von einem Anſiedler geborgten Kleider an und räucherte die beſprißten, nebſt Geſicht und Haar, im dichten Qualm einige Stunden lang, worauf dann wirklih der Geruh verſhwand.

Die in Südamerika lebenden Stinktiere unterſcheiden ſi<, was die Güte ihres Peſtſaftes anlangt, durchaus nit von den nordamerikaniſchen. Azara berichtet vom Surilho in Paraguay, daß er von Kerfen, Eiern und Vögeln lebt und ſowohl tags wie nachts ſtill umherſchleiht. Er ergreift niemals die Flucht, niht einmal vor dem Menſchen. Sobald er bemerkt, daß man ihm nachſtellt, macht er Halt, ſträubt ſein Haar, hebt den Schwanz in die Höhe, wartet, bis man nahe gekommen iſt, dreht ſi< plöglih um und ſchießt los. Selbſt nach vieimaligem Waſchen bleibt der Geſtank noh ſo ſtark, daß er das ganze Haus erfüllt. Ein Hund, welcher 8 Tage vorher beſprigt, ſehr oft gewaſchen und noh öfter mit Sand gerieben worden war, verpeſtete eine Hütte noch derartig, daß man es nict in ihr aushalten konnte. Azara glaubt, daß man den Geſtank wohl eine halbe engliſche Meile weit riechen könne.

„Der Geruch des Peſtſaftes“, ſagt Henſel von dem Surilho, „iſt ein überaus heftiger und durchdringender;, doh hat man ſeine Stärke mitunter übertrieben, denn er iſt niht unbedingt unerträgli<h. Manche Perſonen bekommen allerdings Kopfweh und Erbrechen, wenn das Stinktier in ihrer Nähe ſeine Afterdrüſen ausleert; der Tierkundige aber wird ſich ſhwerli<h dadurch abhalten laſſen, die beahtenswerten Tiere zu jagen und zu ſammeln. Hunde, welche von dem Safte getroffen werden, ſcharren den Boden auf und wälzen ſi wie raſend auf demſelben umher, um den an ihrem Pelze haftenden Geruch zu entfernen. Ganz beſonders haftet der Peſtgeru<h an Tuchkleidern, welche man in den Rauch zu hängen pflegt, um ſie wieder zu reinigen. Wahrſcheinlich wirkt dabei nicht der Rauch, ſondern die Hibe des Feuers, dur< welche der flüſſige Stoff verdunſtet. Der Geruch des Drüſenſaftes eines Stinktieres iſt, wie jede Sinneswahrnehmung, nicht zu beſchreiben; allein man kann ſi ihn vorſtellen als einen Jltisgeſtank in vielfacher Verſtärkung. Ungereizt rie<ht das Tier durhaus nicht.“ Pechuel-Loeſche nennt den Geruch nicht ſo entſeßli<h und unerträglich, wie er gemeinigli<h geſchildert wird, und vergleicht ihn mit dem Geruche eines Gemiſches von Knoblau<h und Schwefelkohlenſtoff.