Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2
Unau und Aî: Nahrung. Klettern. Gehen. Schwimmen. 649
langſamen Landſchildkröte vergleichbar, ſucht das Faultier ſeine plumpe Leibesmaſſe fortzuſchaffen. Mit weit von ſich geſtre>ten Gliedern, auf die Ellbogen geſtüßt, die einzelnen Beine langſam im Kreiſe weiter bewegend, ſchiebt es ſich ſehr allmählih vorwärts; der Bauch ſchleppt dabei faſt auf der Erde, und Kopf und Hals bewegen ſi< fortwährend langſam von einer Seite zur anderen, als müßten ſie das Gleichgewicht des ſo überaus unbeholfenen Geſhöpfes vermitteln. Die Zehen der Füße werden während des Ganges in die Höhe gezogen und die Krallen nach innen geſchlagen; der Fuß berührt alſo mit dem Außenrande und faſt nur mit dem Handballen den Boden. Es leuchtet ein, daß ſolche Bewegung mit Lang} amkeit vor ſih gehen muß. Auf dem Boden erkennt das Faultier ſeine hilfloſe Lage wohl. Überraſ<ht man es zufällig bei ſeinem Gange, oder ſeßt man ein gefangenes auf die flache Erde, ſo ſtre>t es den kleinen Kopf auf ſeinem langen Halſe empor, richtet den Vorderteil des Leibes etwas auf und bewegt langſam und mechaniſh einen ſeiner Arme im Halbkreiſe gegen ſeine Bruſt, als wolle es ſeinen Feind mit den gewaltigen Krallen umfklammern. Die Unbeholfenheit und Langſamkeit verleiht ihm einen eigentümlich kläglichen Ausdru>. Man ſollte niht meinen, daß dieſes Geſchöpf, welches ſo traurig dahinhaſpelt, fähig wäre, ſh aus dem Waſſer zu retten, wenn es dur irgend ein Mißgeſchi> hineingerät. Aber das Faultier ſchwimmt leidlih gut, indem es ſi raſcher als beim Klettern felbſt bewegt, den Kopf ho< über den Waſſerſpiegel emporhält, die Wellen ziemlich leiht dur<ſ<neidet und wirkli das feſte Land wieder gewinnt; Bates und Wallace ſahen ein Faultier über einen Fluß ſhwimmen und zwar an einer etwa 300 m breiten Stelle. Hieraus geht hervor, daß der Name Faultier, ſo richtig er im Grunde auch iſt, ſih doch eigentlich bloß auf die Gehbewegungen unſeres Tieres bezieht; denn auf den Bäumen erſcheint ſeine Trägheit, wie bemerkt, feineswegs ſo groß, als man früher annehmen zu müſſen glaubte, irre geleitet dur die übertriebenen Schilderungen der erſten Beobachter. Bemerkenswert iſt die ſtaunenswerte Sicherheit, mit welcher alle Kletterbewegungen au8geführt werden. Das Faultier iſt im ſtande, mit einem Fuße an einem höheren Aſte ſich feſtzuhaken und dann ganz ſicher daran frei zu hängen, indem es niht nur die volle Laſt des Leibes an einem Gliede tragen, ſondern auc bis zum Anhaltspunkte emporziehen kann. Gleichwohl ſtrebt es immer danach, für alle ſeine Glieder ſichere Stützpunkte zu finden, und ſcheut ſich faſt, mit einem Fuße loszulaſſen, bevor es für ihn wieder einen verläßlichen Punkt zum Anhalten gefunden hat.
Kapplers Schilderungen vervollſtändigen das Geſagte. Von dem in Surinam beobahteten Dreizehenfaultiere teilt er folgendes mit: „Es lebt ausſ<hließli< von den Blättern verſchiedener Bäume, wie Spondias, Cecropia und anderer. Seine Exkremente ſind wie die der Ziege. Troß ſeines Stumpſſinnes wird es doh zahm und lernt ſeinen Herrn kennen. Übrigens hat man ſeine Trägheit bedeutend übertrieben. Beim Gehen ouf dem Boden ſucht es immer mit den Vorderſüßen etwas zu ergreifen, woran es ſih weiterziehen kann; dieſes gelingt ihm um ſo beſſer, je rauher und unebener der Boden iſt. Da kann es 5—7 m in der Minute zurü>legen. Einen Baum von etwa 16 m Höhe erklettert es in 8—10 Minuten.“ Vom Zweizehenfaultiere ſagt Kappler: „Es iſt ein wildes, ſhwer zu bändigendes Geſchöpf, das mit den ſtahlharten Backenzähnen zu beißen verſucht und ſeine Klauen nicht losläßt, wenn es jemand gepa>t hat. Es lebt ganz wie das vorige, iſt aber raſcher in ſeinen Bewegungen, auch viel ſtärker. Sein Fleiſch wird von den Eingeborenen gegeſſen und ſ{hmed>t, obgleih es niht ſett iſt, wie Hammelſleiſh. Sein Hauptfeind iſt der Haubenadler, der auch dem Brüllaffen nachſtellt.“
Außerordentlih ſ{hwer hält es, ein Faultier, welches ſich feſt an einen Aſt geklammert hat, von dieſem zu löſen. Ein Fndianer, welcher Schomburgk begleitete, bemerkte ein dreizehiges Faultier auf den hervorragenden Wurzeläſten einer Rhizophora, wel<hes dort ausruhte und, als man es ergreifen wollte, nur wehmütig bittende Blide zur Abwehr zu haben