Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2

Zwergameiſenfreſſer. Gürteltiere. 667

und deren Larven bilden ſeine Nahrung; möglicherweiſe verzehrt er noh andere kleine Kerbtiere, wel<he auf Bäumen wohnen. Wenn er einen größeren Fang gethan hat, ſoll er ſi, wie das Eichhörnchen, aufrichten und die Beute mit den Vorderkrallen zum Munde führen. Bei Gefahr ſucht er ſich nah Möglichkeit zu verteidigen, ſeine geringe Stärke kann ihn aber niht einmal gegen ſhwähere Feinde ſhüßen: er erliegt ſelbſt den Angriffen mittelgroßer Eulen. Über die Fortpflanzung iſt nichts bekannt. Die Fndianer ſollen ihn erlegen, um ſein Fleiſh zu verwerten. Ein gefangener Zwergameiſenbär wurde von Bates kurze Zeit beobachtet. Das Tierchen war von einem Fndianer in einer Baumhöhlung gefunden worden, in welcher es bewegungslos gehangen hatte. Solange man es nict reizte, verharrte es in einer und derſelben Stellung, nah Art eines Faultieres aufgehängt, gereizt, hielt es ſi< mit Shwanz und Hinterfüßen feſt und verſuchte ſih mit den Vorderfüßen nah Art einer Katze zu wehren. Auch während der Nacht verblieb es in derſelben Stellung, welche ihm Bates am Morgen gegeben hatte. Am nächſten Tage wurde der Zwergameiſenbär auf einen Baum des Gartens gebracht, in der folgenden Nacht aber war er verſchwunden.

Die Gürteltiere (Dasypodidae) find, wie die Faultiere, Überlebende einer einſt größeren Familie. Jm Vergleiche zu manchen ihrer Verwandten aus der Vorzeit, kann man ſie höchſtens Zwerge nennen. Das Glyptodon oder Rieſengürteltier erreichte die Größe des Nashorns, dieſer und jener Vertreter anderer Gattungen wenigſtens den Umfang des Ochſen, während in der Gegenwart die Gürteltiere im ganzen höchſtens 1,5 m, ohne den Schwanz aber nur 1 m lang werden. Alle Gürteltiere ſind plumpe Geſchöpfe mit geſtre>tem, langſchnauzigem Kopfe, großen Schweinsohren, ſtarkem Shwanze und kurzen Füßen, welche ſehr ſtarke Grabklauen tragen. Jhren Namen haben ſie von der eigentümlichen Beſchaffenheit ihres Panzers; dieſer iſt nämlich durch die mitten auf dem Rücken aufliegenden Gürtelreihen beſonders ausgezeihnet und unterſcheidet ſich gerade durch die Reihenordnung der Schilder von dem Schuppenkleide anderer Säugetiere. Die mittelſten Gürtel, welche zur Unterſcheidung der Arten dienen, obgleich ſie auh bei einer und derſelben Art nicht immer in gleicher Anzahl vorkommen, beſtehen aus länglich viere>igen Tafeln, während das Schulter- und Kreuzſchild aus Querreihen vier- oder ſechse>iger Platten gebildet wird, zwiſchen denen ſich kleine, unregelmäßige Platten einſchieben. Auch der Scheitelpanzer iſt aus meiſt fünf- oder ſe<h3e>igen Schildchen zuſammengeſeßt. Unſere Tiere tragen übrigens nur auf ihrer Oberſeite einen Panzer; die Unterſeite ihres Leibes wird von gröberen oder feine: ren borſtenartigen Haaren bede>t, und ſolche Borſten treten auh überall zwiſchen den Schildern Hervor.

Dex innere Leibesbau zeigt manches Eigentümliche. Die Rippen, deren Anzahl zwiſchen 10 und 12 ſ{<hwankt, haben außerordentliche Breite und berühren ſih bei manchen Arten gegenſeitig. Jn der Wirbelſäule verwachſen oft die Halswirbel, mit Ausnahme des erſten und zweiten, mehr oder weniger miteinander. Die Anzahl der rippenloſen Wirbel ſchwankt zwiſchen 1 und 6; das Kreuzbein beſteht aus 8—12 und der Schwanz aus 16—81 Wirbeln. Bemerkenswert iſt ferner die Stärke der Gliedmaßenknochen und Zehen. Das Gebiß ändert ſo ab, daß man nah ihm mehrere Unterfamilien gebildet hat. Bei keiner einzigen Familie ſhwankt die Anzahl der Zähne ſo außerordentlich wie bei den Gürteltieren. Einige Arten haben fo viele Zähne, daß der Name Zahnarme für ſie nux dann nicht unverſtändlich wird, wenn man feſthält, daß der Zwiſchenkiefer immer zahnlos iſt, oder wenn man die Bedeutungsloſigkeit der Zähne erwägt. Man hat bis jezt kaum mit hinreichender Sicherheit feſtſtellen können, wie viele Zähne dieſes oder jenes Gürteltier eigentlich beſiße; denn auth