Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, str. 292
256 Elfte Ordnung: Paarzeher; dritte Familie: Horntiere.
ihnen aufgefunden werde. Der Europäer verläßt ſih auf ſeinen Hinterlader und die Unentſ<hloſſenheit des Jaks. Troß aller Wildheit vermag dieſer ſeine Furcht vor einein kühn auf ihn andringenden Menſchen nicht zu bemeiſtern, bleibt im Anlaufe zögernd ſtehen, wendet ſih wohl auh, empfangener Wunden ungeachtet, nachdem ex zaudernd überlegt, zur Flucht. Seine Widerſtandskraft und Lebenszuhigkeit ſind faſt unglaublih groß. Einer, auf welchen Prſhewalski und zwei ſeiner Gefährten feuerten, bis die hereinbre<hende Nacht es verwehrte, wurde erſt am anderen Morgen mit 3 Kugeln im Kopfe und 15 in der Bruſt verendet aufgefunden; ſehr wenige von allen, welche der mutige Jäger erlegte, fielen na<h dem erſten Blattſchuſſe entſeelt zu Boden. Kinloch iſt bei ſeinen Jagden dur<ſchnittli< viel glülicher geweſen, hat zwar auh manchmal ein ſ<hle<t geſchoſſenes Tier verloren, aber auch wieder raſh nacheinander drei Stück aus einer und derſelben Herde erlegt. Nach ſeinen Schilderungen ſcheint die Schwierigkeit der Jagd durchaus nicht darin zu beſtehen, die Tiere totzuſchießen, ſondern vielmehr darin, dem äußerſt ſcharf witternden Wilde auf gute Schußweite nahe zu kommen.
Das Fleiſch des Jaks rühmt Kinloch als ausgezeihnet, obwohl er es ſtets ſehr mager gefunden hat; Zunge und Markknochen nennt er Leerbiſſen. Mehr aber als das Wildbret ſchäßt man in ſeiner traurigen Heimat den Miſt des Jaks, denn dieſer liefert auf den kahlen Höhen Tibets den einzigen Brennſtoff, welhen man verwenden kann.
Jn allen Ländern, deren Hochgebirge den wilden Jak beherbergen, findet man ihn au gezähmt als nützliches und wichtiges Haustier. Der zahme Jak unterſcheidet ſich hinſihtlih ſeiner Geſtalt und ſeines Haarwuchſes wenig von dem wilden, wohl aber hinſihtlih der Färbung. Rein ſ{hwarze Jaks ſind ſehr ſelten; gewöhnlih zeigen auch diejenigen, welche den wilden am meiſten ähneln, weiße Stellen, und außerdem trifft man braune, vote und geſche>te an. Mehrere Raſſen hat man, vielleicht dur< Vermiſhung mit anderen Rinderarten, bereits gezüchtet. Hier und da ſind die zahmen Faks auch wieder verwildert und haben dann ihre Urfärbung wieder angenommen. Auch die zahmen Herden gedeihen nur in kalten, hohgelegenen Gebirgsgegenden und gehen bei großer Wärme zu Grunde, ertragen dagegen Kälte mit Gleichgültigkeit. „An Tagen, deren Wärme nur wenige Grade über den Gefrierpuntt fam“, bemerkt S<hlagintweit, „fam es vor, daß unſere Jaks, ſobald ſie abgeladen waren, im nächſten Bache untertauchten, ohne davon zu leiden.“ Als der Engländer Moorcroft den Nitipaß exrſtieg und ſeine beladenen Jaïs bei der drückenden Hiße viel gelitten hatten, rannten ſie, weil ſie ein Gebirgs8waſſer in der Tiefe rauſchen hörten, unaufhaltſam und mit ſolchem Ungeſtüme dem Fluſſe zu, daß zwei von ihnen auf den ſchroffen Abhängen ſtürzten und in der Tiefe zerſchellten.
Der Tibetaner benutt den Jak als Laſt- und Reittier. Gegen ſeine Bekannten benimmt er ſich ziemlich freundſchaftlich, läßt ſih berühren, reinigen und vermittelſt eines dur ſeine Naſe gezogenen Ringes an einem Strike lenken; Fremden gegenüber zeigt er ſih in der Negel anders, bekundet Unruhe, ſenkt den Kopf gegen den Boden und gebärdet ſi, als wolle er einen Gegner zum Kampfe fordern. Manchmal überkommt ihn plößlih raſender Zorn: er ſchüttelt den ganzen Körper, hebt den Shwanz hoh empor, peitſcht mit ihm durch die Luft und ſchaut mit drohenden, grimmigen Augen auf ſeinen Zwingherrn. Einen gewiſſen Grad von Wildheit behält er ſtets. Gegen Hausrinder benimmt ex ſi artiger, und es hat deshalb feine Schwierigkeit, ihn zur Paarung mit anderen Familiengenoſſen zu bringen. Die Kühe bekunden innige Zuneigung zu ihren Fungen, verlaſſen dieſe, wenn ſie zur Weide gehen, ſpäter als die Hauskühe die ihrigen und kehren abends mehrere Stunden vor Sonnen-
untergang zu den Kälbern zurü>, le>en fie zärtlih und grunzen ſanft und freundlich. ' Der Jak trägt 100—150 kg ohne Beſchwerden und zwar auf den allerſhwierigſten Felſenpfaden und Schneefeldern. Man iſt im ſtande, dur ihn Laſten über ſehr hohe