Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3, str. 293

Jak, Wiſent. DIU

Gebirg8päſſe zu ſchaffen, denn er bewegt ſich auch dort oben troß der verdünnten Luft, welche andere Geſchöpfe ermattet und beängſtigt, mit größter Sicherheit. Nur auf ſehr klippenreichen Pfaden kann man ihn niht benugen, weil dann ſeine Laſt ihn hindert, über höhere Felſen zu ſpringen, wie er es ſonſt wohl zu thun pflegt. Moorcroft ſah ihn ohne Umſtände 3 m, ja ſelbſt 12 m (?) hohe Felſenwände hinabſeßen, ohne ſi dabei zu beſchädigen.

Milch und Fleiſch des zahmen Faks ſind gleih gut. Aus der Haut gerbt man Leder, aus den Haaren dreht man Stri>e. Das Koſtbarſte iſt der Shwanz, welcher die vielgenannten Noßſchweife, jene altberühmten Kriegszeichen, liefert. Niccolo di Conti gibt an, daß die feinen Shwanzhaare mit Silber aufgewogen werden, weil man aus ihnen Fliegenwedel fertigt, welche zum Dienſte der Könige und Gößen gebraucht werden; auch faßt man ſie in Gold und Silber und ſ{hmüd>t damit Pferde und Elefanten oder befeſtigt ſie an den Lanzen als Zeichen einer hohen Rangſtufe. Die Chineſen färben das weiße Haar brennend rot und tragen die Shwänze dann als Quaſten auf ihren Sommerhüten. Belon gibt an, daß ſolche Schwänze 4—5 Dukaten koſten und weſentli dazu beitragen, den reichen Sattelſhmu>, wie ihn Türken und Perſer lieben, zu verteuern. Schwarze Shwänze gelten weniger als weiße.

Die in Europa eingeführten Faks haben ſich bisher beſſer gehalten, als man vermuten durfte. Man hat ſi deshalb der Hoffnung hingegeben, dieſes ſhöne Rind in Europa heiz miſh machen zu können. Von einer ſolhen Einbürgerung erwartete man reichen Gewinn, indem man annahm, daß der Jak treffliche Wolle, ſ<machaftes Fleiſch, ausgezeihnete, fette Milch liefern und ein kräftiges und unermüdliches Arbeitstier ſein, ſich auch mit billigerem Futter als andere Rinder begnügen werde. Für die tibetiſhen und turkiſtaniſchen Hochländer läßt ſi< der Grunzohſe allerdings nach allen dieſen Richtungen hin verwenden und erweiſt ſih deshalb als ſ<hägbares Nugtier; unſere europäiſchen Verhältniſſe ſind aber andere als die jener Länder, und es ſcheint deshalb ſehr fraglich zu ſein, ob die Einbürgerung ſih lohnen würde. Jn ſeiner Heimat wird der Jak vorzugsweiſe als Saumtier geſhäßt; ſhon in den von Severzow beſuchten Teilen des Tien-ſchan aber, wo er augenſcheinli< gut fortkommt, verwendet man ſtatt ſeiner in den ſchwierigſten Gebirgspäſſen zum Laſttragen einfa eine Raſſe von Gebirgsrindern, welche nicht ſo große, aber ähnliche Hufe haben wie die Jaks, ebenſogut über die Felſen klettern und mit derſelben Leichtigkeit in der dünnen Luft der Höhen atmen. Für unſere Hochgebirge bedürfen wir ſeiner niht, denn ſie werden dur unſere Alpenrinder und Bergziegen genügend ausgenußt. Mehr als jene würde der Jak gewiß nicht leiſten. '

In Weſtrußland, im ſüdlichen Teile des alten Litauen, findet ſich ein Kleinod eigentümlicher Art. Dies iſt der berühmte Wald von BVialowitſch, ein e<t nordiſcher Urwald von 2000 gkm Flächeninhalt. Er liegt abgeſondert für ſich, einer &nſel vergleichbar, umgeben von Feldmarken, Dorfſchaften und baumloſen Heiden. Jm Inneren des Waldes befindet ſih nur ein Dorf, das wie der Wald ſelbſt benannt iſt, in dem aber keine Landbauern, ſondern bloß Forſtleute und Jagdbauern wohnen. Etwa vier Fünftel des Beſtandes werden von Kiefern gebildet, welche auf große Strecken hin die Alleinherrſchaft behaupten, in den feuhteren Gegenden treten Fichten, Eichen, Linden, Hornbäume, Birken, Erlen, Pappeln und Weiden zwiſchen die Kiefern. Dieſer Wald beherbergt heute noh das größte Säugetier des europäiſchen Feſtlandes, den Wiſent. Nur hier und in einigen Waldungen des Kaufaſus ſowie im Forſte von Mezerziß in Schleſien lebt gegenwärtig noch dieſes gewaltige Tier, auf der übrigen Erde iſt es ausgerottet worden. Strenge Geſebe ſhüßen es im Walde von Bialowitſch, und würden niht ſchon ſeit mehreren Fahrhunderten die we<ſelnden Beſiber dieſes wunderbaren Tiergartens ſolchen Schuß gewährt haben, ſo wäre heutzutage der Wiſent höchſtens noh im Kaukaſus zu finden.

Brehm, Tierleben. 3, Auflage. TIL 17