Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

Elefanten: Fang, Ausführung und Abrichtung afrikaniſcher. 39

geleitet, derart, daß ein Mann das Tier führte und zwei die an den Hinterbeinen befeſtigten Strike hielten, um ein etwaiges Entrinnen zu verhindern. Hieran dachten die folgſamen Geſchöpfe jedo< niht, liefen vielmehr, wie Schafe ihrem Hirten, dem Führer nach, ſolange ſie niht erſhre> wurden. Sie hatten ſih vom Anfange an gewöhnt, in dicht gedrängtem Haufen nebeneinander zu gehen, ſtießen und drü>ten ſich infolgedeſſen, ſchrieen, wollten ſih au< auf dem Lagerplaße, wo ſie, um das Verwickeln ihrer Feſſeln zu verhüten, einzeln angebunden werden mußten, niht trennen, ergriffen ärgerlih die Flucht und zerrten dann niht allein ihre Führer dur di> und dünn, Geſtrüpp und Dornen, ſondern verleiteten au die übrigen zum Ausbrechen, da einer dem anderen na<hzulaufen pflegte. Mehrmals riſſen einzelne ſi los, liefen jedo<h niemals davon, ſondern blieben ſtets in der Nähe ihrer Schi>ſalsgenoſſen. Ein kleines Weibchen, welches ohne alle Feſſeln umherlaufen durfte, ging naſchend von einem Kameraden zum anderen, wurde auc von den kleineren geduldet, von den größeren dagegen ſtets vertrieben, weil dieſe futterneidiſcher waren als jene. Nur mit einem größeren Weibchen hatte es innige Freundſchaft geſchloſſen, fraß und trank mit ihm und hielt ſih faſt beſtändig in ſeiner Nähe auf, {lief auch ſtets dicht an ſeiner Seite. Faſt alle kleinen hatten die Gewohnheit, an den Ohren ihrer Nachbarn oder an den Kleidern und Händen ihrer Führer zu ſaugen. Gewöhnlich wurde täglih morgens und abends je 5—7 Stunden lang weiter gezogen und dazwiſchen geraſtet, die langnaſige Herde gefüttert, getränkt, mit Waſſer begoſſen und, nachdem Leute und Tiere geruht und geſchlafen, die Wanderung fortgeſezt. An heißen Tagen fächelten ſi< die Elefanten während des Gehens mit den großen Ohren Kühlung zu und beſprigzten ſih mit dem früher getrunkenen Waſſer, welches ſie vom Magen aus in das Maul ſtießen und dann mittels des Rüſſels hervorholten. Letterer war in beſtändiger Bewegung: ſpribten die Tiere niht Waſſer, ſo beſtreuten ſie ſi< mit Sand oder hüllten ſi< in di>de Staubwolken ein. Durch die Hiße litten ſie faſt ebenſo wie dur< die weiten Wege über dürren und ſteinigen Boden, infolge deren ihre diden Sohlen ſehr angegriffen wurden. Viel Mühe verurſachte das Ein- und Ausladen in und aus Booten, Schiffen und Güterwagen auf den Eiſenbahnen; doh gewöhnten ſie ſich, ſo erſhre>t ſie ſih anfänglich zeigten, in kürzeſter Friſt auch an dieſe ihnen vollkommen neuen Verhältniſſe.

Aus den in Afriïa wie in Europa geſammelten Erfahrungen geht hervor, daß auch der afrikaniſche Elefant wie ſein indiſcher Verwandter gezähmt und in ſeiner an geeigneten Nußtieren ſo armen Heimat gewiß mit großem Vorteile dem Menſchen dienſtbar gemacht werden fönnte. Db er ebenſoviel leiſten würde wie der indiſche Elefant, ſteht dahin; die Angaben der Alten ſprechen dagegen, und der Eindru>, welchen das Tier auf den Beobachter macht, ſtraft jene Angaben niht Lügen. Wie Plinius, Livius, Strabon und andere römiſche Schriftſteller berihten, waren die indiſchen Elefanten den afrikaniſchen an Stärke und Mut entſchieden überlegen: in der von Ptolemäus Philopator im Jahre 217 v. Chr. gegen Antiohus geſhlagenen Schlacht von Raphia zogen, wie Hartmann hervorhebt, die 73 aſrifaniſchen Elefanten des ägyptiſchen Königs gegen die 102 des ſyriſchen Gegners in flägliher Weiſe den kürzeren. Doch wiſſen wir auch, durh die Römer ſowohl als dur unſere Tierbändiger, daß der Elefant des dunkeln Weltteiles jeder für ihn überhaupt möglichen Abrichtung fähig iſt. Er dürfte vielleiht weniger als ſein Verwandter, ſicherlich aber noh immer re<t viel leiſten, wollte man ihn nux in derſelben Weiſe behandeln, wie die Inder mit der in ihrer Heimat lebenden Art verkehren. Einſtweilen geht no< niemand ernſtlich daran, ihn für Unternehmungen in Afrika nußbar zu machen; denn die wenigen dort ſich zeitweilig aufhaltenden Europäer haben andere Aufgaben zu erfüllen, und die Eingeborenen ſind zu zerfallen, zu bedürfnislos, als daß die viele Zeit und Geduld erfor-

dernde Zähmung der Tiere überhaupt nachhaltig durchgeführt ſein ſollte. An vereinzelten Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IL. E)