Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
40 Zehnte Ordnung: Unpaarzeher; erſte Familie: Pferde.
Plas ein in den kämpfenden Reihen, deren Eroberungszüge ſi< bis tief hinein in das benachbarte Aſien, bis in die Länder des Euphrat und Tigris, erſtreken. Und dieſe für die damalige Zeit bezeihnende Verwendung von Roß und Wagen zu. Kriegszwe>en iſt es, welche die Ägypter in der That erſt von den mit dem Pſerde ſo vertrauten Reitervölkern Aſiens, zu denen jedoch das Hirtenvolk der Hykſos nicht gehörte, erlernt zu haben ſcheinen. Einzig und allein zum Kriege aber benußte man das Roß nicht; denn verſchiedene Jnſchriſten ſtellen es außer Zweifel, daß der alte Ägypter auch bei häuslicher und ländlicher Beſchäftigung ſih des Pſerdes bediente. Zu Pferde macht der vornehme Ägypter Ausflüge auf ſeinen Landſiß; des Pferdes bedient er ſich auf Reiſen, ein Pferdegeſpann wird herausgeführt zur Beſtellung des Akers; dem Landmanne „fällt das Pferd im Ziehen des Pfluges“ 2c. Kurz, eine Menge von Stellen beweiſen, daß man das edle Haus- und Nußgtier bereits im alten Ägypten allſeitig zu verwenden wußte “
Ungleich ſpärlicher als die ägyptiſchen fließen alle übrigen Quellen über die frühſte Benuzung des Pferdes. Wir nehmen an, daß man dieſes in China und Fndien ungefähr zu derſelben Zeit wie in Ägypten als Haustier verwendete, ſind jedoch außer ſtande, ſolches zu beweiſen; wir haben ſeine Reſte in den aus der ſpäteren Steinzeit ſtammenden Pfahl: bauten der Schweiz gefunden, vermögen aber nicht, dieſe Zeit näher zu beſtimmen.
Noch gegenwärtig {wärmen in den Steppen Südoſteuropas Pferdeherden umher, welche von einzelnen als die wilden Stammeltern unſeres Haustieres, von anderen als von dieſem herſtammende und wieder verwilderte Nachkömmlinge desſelben betrachtet werden. Dieſe Pferde, welche man Tarpane nennt, haben alle Eigenſchaften e<t wilder Tiere an ſih und werden von Tataren und Koſaken als ſolche angeſehen. Der Tarpan iſt ein kleines Pferd mit dünnen, aber kräftigen, langfeſſeligen Beinen, ziemlich langem und dünnem Halſe, verhältnismäßig di>em, ramsnaſigem Kopfe, ſpißigen, nah vorwärts geneigten Ohren und kleinen, lebhaften, feurigen, boshaften Augen, ſeine Behaarung im Sommer dicht, kurz, gewellt, namentlih am Hinterteile, wo ſie faſt gekräufelt genannt werden kann, im Wintex dagegen dicht, ſtark und lang, zumal am Kinne, wo ſie faſt einen Bart bildet, die Mähne kurz, dit, buſchig und gekräuſelt der Schwanz mittellang. Ein gleihmäßiges Fahlbraun, Gelblichbraun oder Zſabellgelb bildet die vorherrſchende Färbung des Sommerkleides; im Winter werden die Haare heller, bisweilen ſogar weiß; Mähne und die Schwanzhaare ſehen gleihmäßig dunkel aus. Sche>en kommen niemals vor, Rappen ſind ſelten.
Der erſte eingehende Bericht über den Tarpan rührt meines Wiſſens von S. Gottlieb Gmelin her und begründet ſih auf Beobachtungen, welche genannter Forſcher im Jahre 1769 ſammeln konnte; weitere Nachrichten danken wir Pallas. Beide äußern ſi ziemlih übereinſtimmend. „Vor einigen zwanzig Jahren“, ſagt der erſtgenannte, „gab es hier, in der Nachbarſchaft von Woroneſh, wilde Pferde genug; ſie wurden aber, weil ſie ſo vielen Schaden anrichteten, immer weiter in die Steppen gejagt und gar oft zerſtreut.“ Unſer Gewährsmann erzählt hierauf, wie er von dem Vorhandenſein der Tiere neuere Nachrit erhalten, daraufhin zur Jagd ausgezogen ſei, in der Nähe der kleinen Stadt Bobrowsk ſie Und in ihrer Geſellſchaft eine ruſſiſche Stute auth wirkli geſehen, endlih, nahdem man den führenden Hengſt getötet, außer zwei erlegten Stuten auh ein lebendes Füllen in ſeine Gewalt bekommen habe. Auch Pallas hält Tarpan und Pferd für gleichartig. „Jh fange immer mehr an, zu mutmaßen“, ſagt er, „daß die in der Zaikiſchen und Doniſchen Steppe ſowie auch in der Baraba herumſchweifenden wilden Pferde großenteils nihts anderes als Nachkömmlinge verwilderter kirgiſiſher und kalmüdiſher Pferde oder vordem hier umherziehenden Hirtenvölfern gehöriger Hengſte ſind, welche teils einzelne Stuten, teils ganze Herden entführt und mit ſelbigen ihre Art fortgepflanzt haben.“ Anders urteilt Radde,