Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

690 Vierzehnte Ordnung: Beuteltiere; ſünſte Familie: Naubbeutler.

Jhre Stimme beſteht in einem eigentümlichen Knurren und einem helltönenden Gebelle. Die größeren ſind ſehr wild, biſſig und unzähmbar, verteidigen ſih auch, wenn ſie angegriffen werden, wütend mit ihren ſ{harfen Zähnen, die kleineren dagegen erſcheinen als ſanft und gutmütig, einzelne können auh leiht in der Gefangenſchaft erhalten und ohne große Mühe gezähmt werden, bekunden jedoh niemals erſichtlihe Anhänglichkeit oder überhaupt wärmere Zuneigung gegenüber ihrem Pfleger. Jm Frühlinge werfen die Mütter 4—5 Junge.

Der Schade, welchen die Mitglieder der Unterfamilie verurſachen, überwiegt den Nuten, den ſie bringen, bei weitem und rehtfertigt die eifrigſte Verfolgung.

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Der Beutelwolf, Zebra- oder Beutelhund (Thylacinus cy nocephalus, Didelphys, Dasyurus und Peracyon cynocephalus 2c.), der einzige je8t lebende Vertreter einer beſonderen Gattung, trägt ſeinen Namen nicht mit Unrecht; denn er ähnelt in der That einem wilden Hunde. Sein geſtre>ter Leib, die Geſtalt des Kopfes, die ſtark abgeſeßte Schnauze, die aufrecht ſtehenden Ohren und die Augen ſowie der aufreht getragene Schwanz erinnern an leßteren; nur ſind die Glieder verhältnismäßig kurz, und das Gebiß weiht weſentlih von dem der Hunde ab. Jn jedem oberen Kiefer finden ſi< 4, im unteren 8 Schneidezähne, außerdem oben wie unten je 1 Eczahn, 3 Lü>en- und 4 Ba>enzähne, zuſammen alſo 46 Zähne. Die Beutelknohen werden durch ſehnige Knorpel vertreten.

Der Beutelwolf iſ das größte aller fleiſchfreſſenden Beuteltiere. Seine Leibeslänge beträgt über 1 m, die Länge des Shwanzes 50 cm, alte Männchen ſollen, wie man behauptet, noh merklih größer, im ganzen etwa 1,9 m lang werden. Der kurze, loder anliegende Pelz iſt graubraun, auf dem Rücken 12—14mal \{<waxz quergeſtreift. Die Rücenhaare find am Grunde dunkelbraun und vor der dunkeln Spiße auh gelblihbraun, die Bauchhaare blaßbraun an der Wurzel und bräunlihweiß an der Spige. Der Kopf iſt hellfarbig, die Augengegend weißlih; am vorderen Augenwinkel findet ſi ein dunkler Fle>en und über den Augen eine Binde. Die Krallen ſind braun. Nach dem Hinterteile zu verlängern ſi die Rückenhaare und erreichen auf dem Schenkel ihre größte Entwidelung. Das Fell iſt niht eben fein, ſondern kurz und etwas wollig. Der Schwanz iſt bloß an der Wurzel mit weichen, ſonſt aber mit ſteifen Haaren bede>t. Der Geſicht8sausdru> des Tieres iſt ein ganz anderer als beim Hunde, und namentlich das weiter geſpaltene Maul ſowie das größere Auge fallen auf.

Der Beutelwolf bewohnt Tasmanien. Jn der erſten Zeit der europäiſchen Anſiedelung fand er ſi ſehr häufig, zum größten Nachteile und Ärger der Viehzüchter, deren Schafherden und Geflügelbeſtänden er fleißig Beſuche abſtattete. Jn der Folge vertrieb ihn das Feuergewehr mehr und mehr, und gegenwärtig iſt er in das Jnnere zurü>gedrängt worden. Hier findet man ihn in manchen gebirgigen Gegenden noh immer in ziemlicher Menge, am häufigſten in einer Höhe von etwa 1000 m über dem Meere. Felsſpalten in dunkeln, dem Menſchen faſt unzugänglichen Schluchten, natürliche oder ſelbſtgegrabene tiefe Höhlen bilden ſeine Zufluchtsorte während des Tages, und von hier aus unternimmt er ſeine Naubzüge. Er iſt ein nähtlihes Tier und ſcheut das helle Licht im hohen Grade. Die außerordentliche Empfindlichkeit ſeiner Augen gegen die Tageshelle verrät das unaufhörlihe Zu>en der Ni>haut: keine Eule kann das Auge ſorgſamer vor dem widerwärtigen Glanze des Lichtes zu ſhüßen ſuchen als er. Wahrſcheinlih wegen dieſer Empfindlichkeit iſt er bei Tage langſam und ungeſchikt, bei Nacht dagegen munter, rege und ſogar wild und gefährlich; denn ex ſcheut den Kampf nicht und geht häufig als Sieger hervor, weil ſeine einzigen Feinde eben bloß Hunde ſein können. Wenn er auch nicht der wildeſte aller Naubbeutler iſ, übertriſſt er doh ſeine ſämtlichen Familienverwandten an Stärke und