Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

72 Zehnte Ordnung: Unpaarzeher; erſte Familie: Pferde.

einen trefflichen Paß; wo ſie aber die Kräfte hernehmen, ſtundenlang einen ausgewachſenen Menſchen ſelbſt bei großer Hive im Trab und Galopp herumzuſchleppen, das ſcheint mir faſt über die Natur hinaus in die Eſelmyſterien zu gehen, welche auh noh ihren EſelSue bekommen müſſen, wenn Gerechtigkeit in der Weltgeſchichte iſt. Man verſhneidet den Neiteſeln das Haar ſehr ſorgſam und kurz am ganzen Körper, während man es an den Schenkeln in ſeiner vollen Länge ſtehen läßt; dort werden dann noch allerlei Figuren und Schnörkel eingeſchnitten, und die Tiere erhalten dadurch ein ganz eigentümliches Anſehen.

Weiter nah dem Fnneren, wo das nüßliche Geſchöpf ebenfalls als Haustier gehalten wird, ſieht man wenige edle Eſel, und auch dieſe werden erſt eingeführt. Der im Oſtſudan gewöhnliche ſteht dem ägyptiſchen in jeder Hinſicht nah. Er iſt kleiner, hwählither, fauler und ſtörriſcher, dem Sudaneſen aber ein ſehr teurer Gegenſtand, obgleich er ihn halb verhungern oder ſih ſelbſt Futter ſuchen läßt. Weit edler tritt wieder der Eſel in Mittelaſien auf. „Der Eſel“, ſhreibt A. Walter, „gehört zu den meiſt verwendeten, niemand fehlenden Haustieren Turkmeniens. Heißes, trodenes Klima mit dürſtigſtem Steppenfutter iſt ja für ihn gedeihlih. Die turkmeniſchen Eſel ſind aber auffallend groß und ſtark, von geradezu außerordentlicher Leiſtungsfähigkeit. Es überwiegen entſchieden helle Farben, gegen die z. B. dunkles Braun als Seltenheit zurü>tritt. Meiſt findet man ein helles Grau, nicht ſelten reines Weiß und ſehr oft einen ſandgelblihen Ton , der ſehr nahe an die Färbung des Kulans grenzt. Gehoben wird die Ähnlichkeit mit dieſem no< dur< den meiſt ſehr ausgeprägten Rüenſtreifen und den \{<weren Kopf. Nicht ſelten iſt auh der quere Schulterſtreifen des Onagers vertreten. Wie in Mittelaſien überhaupt dient ein Eſel mit ſeinem Neiter zum Führer jeder Kamelkarawane.“

In früheren Zeiten traf man halb verwilderte Eſel auf einigen Jnſelu des Griechiſchen Archipels und auf der Jnſel Sardinien an, und heutzutage noh findet man ſie im ſüdlichen Amerika. Solche der Zucht des Menſchen entronnene Eſel nehmen bald alle Sitten ihrer wilden Vorfahren an. Der Hengſt bildet ſih ſeine Herden, kämpft mit anderen auf Tod und Leben, iſt ſcheu, wachſam, vorſichtig und läßt ſi nicht ſo leiht dem Willen des Menſchen wieder unterwerfen. Auch in Südamerika waren dieſe Wildlinge früher weit häufiger als gegenwärtig, wo ſie ſhon faſt ganz verſhwunden ſind.

Durch vorſtehendes iſt der Verbreitungskreis des Eſels bereits angedeutet worden. Der öſtliche Teil Vorder- und Mittelaſiens, das nördliche und öſtliche Afrika, Süd- und Mitteleuropa und endlih Südamerika ſind die Landſtriche, in denen er am beſten gedeiht. Je tro>ener das Land, um ſo wohler befindet er ſih. Feuchtigkeit und Kälte verträgt er weniger als das Pferd. Deshalb findet man in Perſien, Syrien, Ägypten, in der Berberei und Südeuropa die ſchönſten, in Mittelafrika oder in unſeren doh ſhon an die Grenzen ſeines Verbreitungsgebietes heranreihenden Ländern aber die ſhle{<teſten Eſel. Freilich wird er in Mitteleuropa und im Fnneren Afrikas au< am meiſten vernachläſſigt, während man ihn in den Ländern des nördlichen Afrika und in Aſien wenigſtens dur< Kreuzung zu veredeln ſucht. Der Spanier 3z. B. putt ſeinen Eſel wohl mit allerlei Quaſten und Roſetten, bunten Halsbändern, hübſchen Sattelde>en und dergleichen, behauptet auch, daß ſein Grautier ſich noch einmal ſo ſtolz trage, wenn es im Shmute gehe, alſo an der Aufmerkſamkeit ſeines Herrn ſich gar ſehr ergöge, behandelt ſeinen armen vierbeinigen Diener aber überaus ſ{le<t, läßt ihn hungern, arbeiten und prügelt ihn dennoch auf das unbarmherzigſte. Nicht anders ergeht es dem beflagenswerten Geſchöpfe in den meiſten Ländern Südamerikas. „Namentlih in Peru“, ſo ſchreibt mir Haßkarl, „iſt der Eſcl das geplagteſte Weſen der Welt und das allgemeine Laſitier. Er muß Steine und Holz zu den Hausbauten, Waſſer zu den Haushaltungen und ſonſtige Laſten, kurz alles ſ{hleppen, was man nötig hat und infolge der Faulheit der Menſchen niht gern ſelbſt tragen will. Dabei ſeßt ſih der gewichtige Zambo