Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3
Waſſertreter: Weſen. Bewegungen. Fortpflanzung. 49
erregt jedoh auch ſie und ruſt unter den Männchen der gleichen Art, die ſih ſonſt vortrefflich vertrugen, lebhaften Streit und Kampf hervor. Jhre Streitereien werden auf dem Waſſer begonnen und in der Luft zum Austrage gebracht. Das Männchen, das ſi innerhalb des Gebietes eines ſeßhaften Pärchens ſehen läßt, ruft augenbli>lich die Eiferſucht des recht: mäßigen Beſißers hervor. Beide {<wimmen aufeinander los, erheben ſi< vom Waſſer und balgen ſih nun im wirbelnden Fluge ſo lange, bis der Eindringling in die Flucht geſchlagen wurde. Um ſo größere Zärtlichkeit erweiſen ſih die Gatten des Pärchens. Der eine hält ſi beſtändig zu dem anderen und verläßt ihn nur ſelten. „Die Gattenliebe dieſes allerliebſten Tierchens iſt wahrhaft erſtaunlich“, ſchreiben W. Preyer und F. Zirkel, die es häufig auf Jsland beobachteten. „War ein Weibchen geſchoſſen, ſo ſchwamm das Männchen herbei und ſuchte dur allerlei oft poſſierlihe Manöver die tote Gemahlin wieder zum Leben zu erwe>en. Erſt wenn der Hund ins Waſſer ging, um die Beute zu holen, verließ das verwitwete Männchen die Leiche. Aber im Leben bethätigt ſich dieſe eheliche Liebe noch weit auffallender. Wir haben den Odinshahn gewiß 50mal beobachtet und nie allein gefunden, oft hingegen mehrere Paare beiſammen. Die Männchen liebkoſen die Weibchen mit ihrem Sqnabel, exrzeigen ihnen allerlei Artigkeiten und ſuchen ſih mögli<hſt lieben8würdig zu machen. Mitunter kann da ſelbſt das abgehärtetſte Jägerherz ſich nicht entſchließen, einen Schuß unter dieſe ſorglos ſpielenden Tierchen zu thun, die vor dem Menſchen durchaus feine Scheu haben.“
Holböll behauptet, daß man das Weibchen in der Nähe des Neſtes nicht oft bemerke, weil er unter 11 Ddinshennen, die er in der Nähe von 5 verſchiedenen Neſtern erlegte, nur 1 Weibchen erhielt: ih muß, auf meine Beobachtungen geſtüßt, das Gegenteil ſagen; denn ih habe unter 10 Stü, die ih erlegte und maß, 6 Weibchen und nur 4 Männhen gefunden, auh ſtets das Pärchen vereinigt geſehen. Auf größeren Seen mag es vorfommen, daß mehrere Paare zuſammen niſten, da, wo es kleinere Süßwaſſerſeen oder richtiger Teiche gibt, behauptet jedes Paar einen und duldet auf ihm keine Mitbewohnerſaft. Gleichwohl ſtatten ſich verſchiedene Pärchen von Zeit zu Zeit Beſuche ab, ſhwärmen fliegend ein Weilchen über dem See oder Teiche, laſſen ſich vielleicht auh auf Augenbli>e nieder, ſchwimmen ein wenig umher, verweilen jedo<h niht lange und verſhwinden ebenſo raſh wieder, wie ſie gekommen waren.
Jn Lappland fand ih brütende Odinshennen immer nur auf Teichen in unmittel: barer Nähe des Meeres, in der Tundra der Samojedenhalbinſel dagegen auh über 100 km von dieſer entfernt, die meiſten aber in der Nähe des Ob oder der Tſchutſchja. Faber und Holböll bemerken, daß der Pfuhlwaſſertreter die Fnſeln außerhalb der Fjorde, die fleine Teiche beſißen, den Fjorden und überhaupt dem Feſtlande vorzieht. Daß beide Arten von deù Brutteichen aus allabendlih hinaus auf die Fjorde ziehen, wie Holbein angibt, dort umherſhwimmen und kleine Waſſertiere aufnehmen, erſcheint mir durhaus glaublih, da auh ih die Vögel vom Meere aus habe nah dem Lande zurückkehren ſehen. Das Neſt ſteht nicht auf Jnſeln oder tro>enen Stellen in den Teichen, ſondern regelmäßig an deren Rande, und iſ eine einfache, aber hübſ< gerundete Mulde im Graſe, ohne“ eigentliche Auskleidung, die jedo< dur< das beim Runden niedergedrü>te Gras ſelbſt erſeßt wird. J<h fand 3 und 4 Eier in den von mir unterſuchten Neſtern; leßteres iſt die gewöhnliche Anzahl. Die Eier ſind verhältnismäßig klein, etwa 30 mm lang, 20 mm dit und auf ölfarbenem oder dunkel graugrünem Grunde mit vielen kleineren und größeren ſ{<warzbraunen Fle>en gezeihnet. Faber ſagt, daß Männchen und Weibchen abwechſelnd brüten, fügt aber hinzu, daß dieſe Vögel die einzigen ſind, deren Männchen zwei BrutfleŒen haben, während man lebtere beim Weibchen niht bemerkt, und Holböll meint deshalb daß das Männchen allein die Eier zeitige, das Weibchen aber überhaupt nicht
Brehm, Tierleben. 3. Auflage. YT. 4