Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, str. 807
Apuliſhe Tarantel. 725
Schienbein dunkle Halbringe bilden die carakteriſtiſhen Zeihnungen. Das Weibchen befeſtigt ſein Éleines, fugelrundes Eierſä>chen an den Spinnwarzen. Die Taranteln lieben tro>ene, ſonnige Stellen. Die hier abgebildete Art: die Apuliſhe Tarantel (Tarantula A puliae, höhſtwahrſheinlih Aranea tarantula Linnés)/ lebt niht nur in Apulien, häufig um Neapel und Tarent, ſondern auh in anderen Teilen Ftaliens, in Spanien und Portugal, mißt im weiblichen Geſ<hle<ht bis 37 mm, iſt rehfarben, auf dem Hinterleib mit einigen ſ{warzen, rötlihweiß eingefaßten Querſtrihen und am Bauche mit einer ſ<warzen Mittelbinde gezeichnet. Die lichten Stellen des ſchwarzen Vorder[leibes haben glei{hfalls eine rötlihe Färbung. Dieſe Spinne gräbt ſi< an ſonnigen, unbebauten Hängen ein Loch in die Erde, welches etwa 30 cm tief ſenkre<t verläuft und nah einer furzen Wendung in gleicher Länge ſih allmählih weiter nah unten ſenkt. Der Tunneleingang wird dur< einen Wall verwebten Graſes und tro>ener Blätter verde>t. Am Tage verläßt die Spinne ſo leicht ihr Neſt nicht, ſondern
do
nur na< Sonnenuntergang V4
legt ſie ſi< am Eingang auf VA
die Lauer, und mit anbrechen- \ H
der Naht ſchweift ſie in der WW e E MÉ
nächſten Umgebung nah Beute umher; hat ſie ein Jnſekt exhaſcht, ſo ſchleppt ſie es heim, verzehrt es in Ruhe und wirft die ungenießbaren Teile heraus, welche man<hmal den Eingang umſäumen. Mehrere Schriftſteller erzählen, daß ſi< die
#( AX Spinnen auc am Tage hervor- 70 M loden laſſen, wenn man mit : Á ( PN einem Rohrhalm in das Loch 0 M hineinblaſe in einer das Sum- 4 N
men der Biene nahahmenden Männchen der Apuliſhen Tarantel (Tarantula Apuliae). Natürl. Größe. Weiſe, was die apuliſchen Land-
leute ſehr gut verſtehen. Vom Oktober bis zum Frühjahr findet man die Wohnung der Tarantel zum Shußze gegen die rauhe Jahreszeit mit einem Ballen von allerlei troŒenen und dur< Geſpinſtfäden verbundenen Pflanzenteilen verſtopft. Die Eier ſ{hlüpfen im Auguſt und September aus; die Jungen beſteigen abwechſelnd den Nü>en der Mutter und krabbeln daſelbſt umher und nehmen ſamt der alten Spinne während des Winters keine Nahrung zu ſih. An einer ſolchen, welche im Februar ganz abgezehrt aufgefunden wurde, ſaßen niht weniger als 291 Junge. Jm weſentlichen zeigt mithin die gefürchtete Tarantel dieſelben Erſcheinungen wie die vielen Gattungsgenoſſen in jenen Gegenden, im mittleren « und nördlihen Europa, und iſt dem Menſchen ſo wenig gefährlih wie dieſe.
Derſelben Familie, wenn auh anderen Gattungen, gehört ſicher ein Teil der abenteuerlihen Spinnen an, von denen uns Reiſende in heißen Ländern erzählen, und die dur hornartige Höfer, blaſige Auftreibungen, Auswüchſe, Erweiterungen der Beine ſo unkenntlih geworden ſind, daß ein ſcharfes Auge dazu gehört, um ſie für Spinnen zu erklären. Die Tiere ſuchen auh aus ihrem maskierten Weſen die möglihſten Vorteile zu ziehen: als unförmliche Klumpen zuſammengekauert, liegen ſie in einem Aſtwinkel, in einer Spalte der Rinde oder an einem ähnlichen Orte auf der Lauer, bis die Beute arglos in