Charakterologie

14 Begriff und Wejen des Charatters

mand wird diejem Zugang zum Charatter feine Berechtigung abjprechen fönnen. Don der ethijchen Seite her hat 3. B. Leonhard Neljon eine ausgebreitete Charakterologie aufgebaut. — Deutlich unterftreicht dann die Individualpiydologie (vgl. 5. 242f.) das Wertmoment: Charakter wird zur Aufgabe, und zwar zur Aufgabe des Ausgleihs zwijchen Subjeft-fein und Objett-jein dem Scidjal gegenüber (b3w. zum Ausgleid) zwijchen Anjprüchen des Individuums und der Gemeinjchaft). R. Allers, gleichfalls aus diejem Kreife, jehrieb eine von Tatholifher Ethit ausgehende Charakterologie.t)

Zeigt dies alles deutlich die Rolle des Wertmomentes innerhalb des Chatafters (Wert für die Charakterbildung und Wertung als Charakterfattor) und außerhalb (Wert des Charakters für Ethik, Religion und Gemeinjhaft), — jo zeigt jich bei Klages deutlich die Rolle des Wertes für den Zugang zum Charatter. Klages’ charakterologijche Erfenntnijje erwahjen aus einer Ieidenjchaftlichen Parteinahme (für das „Leben“, gegen den „Geijt”). Aus diejer feiner wertenden Stellungnahme heraus jah er die Irrwege der alten Pjychologie und fam zur Sorderung einer neuen „Charakterologie” als Wiljenjhaft.

Aber jelbjt die Piychoanalyje, die gewiß die Tendenz hat, ethijche Wertung zugunjten „objeftivswertfreier” Betrahtung auszujcließen, jet deutliche Wertunterjchiede an. Steud jpricht von Charakteren, die eine Analyje nicht wert jind. Und die ganze pjychoanalytiiche Bewegung wäre jinnlos, wenn jie dem „ourhanalyjierten”, dem „durchlüfteten“ Charakter nicht einen hoben Wert zuIpräche. Will man dieje Werte wieder relativieren auf Iettlich größeren Luftgewinn, größere Lebenstüchtigfeit oder größere Brauchbarfeit für die menjclihe Gejellichaft, jo jchiebt man den Wert nur auf dieje „Güter“ weiter — auf £ujt, Leben, Gejellihaft ujw. —, die damit zur Wertbajis der Therapie werden.

Um jo verwunderlicher ijt es, daß immer noch verjucht wird, das Wertmoment vom Charakter fernzuhalten. Immer wieder wird verfannt, dak der „Objeftivismus” gerade in diejem lebensnahejten Gebiet jeine deutlihen Grenzen bat.

So trennt Kronfeld?) eine „ontologijche” Charakterologie (die jihb mit Charakter an „ich“ zu befajjen habe) von ethijcher Charafterologie (die jich mit dem Wert des Charakters befaßt). Die Trennung ijt bei näherem Binjehen un= möglich, aus der angeführten Bedeutung des Wertes innerhalb des Charafters und für den Zugang zu ihm.

Diel zu vorfchnell ijt die Ablehnung der Einbeziehung des Wertes durch Utiß?). „„oweit dabei (d.h. bei der Einteilung der Menjchhen in Charaktere und charatterlofe Menjchen) ethijcehe Wertungen zum Ausdrud gelangen, jcheidet die Einteilung im vorhinein aus der Charafterologie.” — Wo wäre wohl die Charatterologie ohne die wertende Bajis, von der her wir überhaupt erjt zu „objettiven“ Abgrenzungen binfinden?

1) „Das Werden der fittlihen Perjon.“ 4. Aufl. Sreiburg i. Br. 1935. 2) Lehrbuch der Tharakterfunde. Berlin 1932. 3) Charafterologie. Berlin 1925, S.1.