Charakterologie

26 Die Bejonderheit der charafterologijchen Sorjchungsweije

Erjheinung gejucht, von der wir im vorhinein wiljen, daß fie mindeitens jo jelbjtändig ijt, wie ihre Spur, ihr Anzeichen — mit anderen Worten: daß fie aud) ohne dieje Spur ijt, was fie ijt. Beim Charakter aber und jeiner Ausprägung in Bewegung, Schrift, Mimik, Sprechweije ujw. haben wir es nicht mit einem Einzelphänomen zu tun, das als getrenntes für fich erfaßt wird und zu dem dann das „entiprechende Innere” gejucht werden fann. Wohl fönnen wir einen zornigen Gefichtsausörud, eine heftige Zufammenziehung der Singer zu einer Saujt auch für fich betrachten. Dann aber nehmen wir dieje Erjcheinung gerade nicht als Ausdrudsgebilde. Wenn wir ein Auge anjehen auf die Sarbe der Iris hin, dann haben wir ein „farbiges Ding“ vor uns, und nur dies. Wenn wir den „Blid“ des Auges anjehen (tichtiger: ihn fühlen, erleben, verjtehend empfinden), dann haben wir nicht zweierlei: Auge als Anzeichen und dazu die angezeigte jeelijhe Haltung, jondern eine Einheit.

Und in gewijjem Sinne fan man nun jehr wohl jagen, daß der ganze Menjch uns wie fein Auge gegeben jein Tann, daß uns Bewegungen, Schrift, Sprechweije, alle Äußerungen eines Menjhen ‚anbliden“, dak „in“ ihnen, „durch fie hindurch“ uns ein Tieferes anblidt, das nur jo überhaupt zu uns redet. Nur in der Äußerung zeigt ich das Innere, nur der diejen „Blid“ verjtehende Menjc jieht es. Streifen wir dieje „Hüllen“, ab, um den „Charakter jelbjt“ zu jehen, nadt zu jeben, direkt zu jehen, dann jehen wir gar nichts. Unmittelbar, ohne das Medium, in welches li) der Charakter hineinprägt, fönnen wir nichts jehen. Und andererjeits wird dies Medium, wenn wir es für ji) betradyten, zu etwas gänzlich anderem: Richten wir unfer Interejje auf das Körperliche als Körperliches, jo verjhwindet der „Blid“ eines Auges, und ein fremdes totes Körperjtüd bejtimmter Sarbe liegt vor uns. Das „Blidmoment“ ijt verIhwunden, das „Uns-Anjchauen“ einer Ausdrudsbewegung; auch in den gejamten anderen „Äußerungen“ (Taten, Reden ujw.) fieht uns dann fein „Aenjch” mehr an, jondern ijolierte Raumgebilde jtehen jtumm und tot vor uns.

Dies Derjtehen von Ausdrud hat nun jeine Grenzen. Das Auge nehmen wir alle primär als „Blid”. Die Schrift eines Menjchen „jieht“ viele Lejer jhon nicht mehr „an“. Sür die meijten Menjchen tritt zunädhit der Inhalt des Gejchriebenen hervor; dann etwa — wenn die Schrift für jich angejehen wird — die äußere Raumform, neben der meilt jehr auffallenden Deutlichteit oder Undeutlichkeit. Das Ausdrudsmoment der Schrift aber ijt für die meijten Menjchen jehr gering. Die Schrift ijt „tumm“ in joldhen Sällen.