Charakterologie
Erweiterung der Charakterologie. Die Ausdrudslehre u. ihre Sonderjtellung 27
Zwijchen dem deutlichen Ausdrudscharatter, den der Blid des Auges hat, und dem meilt geringeren Ausdrudscdharafter der Schrift liegen andere Ausdrudsphänomene, die jeden Menjchen nody jehr jtart und deutlich anjprechen, jo vor allem die gejamte „Gejtif“ des Körpers: eine drohende Armbewegung, ein zorniger oder ein trauriger Gejichtsausdrud ujw., und vor allem die Stimme, aus der aud) für den NichtCharatterologen neben dem Inhaltlihen nod) jehr deutlich der „innere Menjch” redet.
Es ijt anzunehmen, daß Tiere die ganze Welt als Ausörud nehmen und daß Kindern und Primitiven die Welt ebenfalls zu größten Teil als etwas gegeben ijt, das fie „anblit“. Die „Aufklärung“ bejteht dann in der Erkenntnis, daß Iange nicht alles, was Ausödrud zu fein jheint, wirklich Ausdrud von etwas Dahinterliegendem ift.
Dab im Blid eines Auges uns eine menjdhliche Seele anjieht, ijt gejicherte Erfahrung. Daß in den Krijtallijationen eines Minerals der planvolle Geijt einer perjonalen Naturfraft uns anblidt, ijt Metaphyjfit oder „Glaube“ und unterjteht nicht mehr dem Sorum der Wijjenihaft. Denn natürlich fann man aus der Tatjache, dak das Ausdrudsverjtehen vieler Menjchen verfümmert ift, nicht jchließen, da& im idealen Salle ein Menjch in jeder Eriheinung jhlehthbin Ausdrud erfennen würde.
Das meijte der lebendigen Natur empfinden wir mit Recht als Aus= örud. (Dilthey formulierte: „Leben verjteht Leben.”) Das Heranjcjleichen einer Kate ijt nicht eine objeftive neutrale Bewegung, jondern Ausörud ihrer inneren Haltung, ihrer Abjicht, ihrer Handlungstendenz. Und wo wir einen Tierausdrud nicht jo „verjtehen“ — etwa bei uns jehr unbetannten Tieren im 300 —, empfinden wir dann aud) gleich das Typijche der Sremöheit im Sinne der Nichtverjtehbarfeit, empfinden es vielleicht als Komif. (Kinder lahen übrigens au im Theater, wenn jie Gefühlsausdrüde jehen, die fie nicht verjtehen.)
Don der Tatjache her, daß wir viele Ausdrüde, die echte Lebensausdrüde find, nicht mehr verjtehen, fann nun die Hypotheje ihren Ausgang nehmen, daß alles, was wir überhaupt als Einzelding, als Ding für jid) jeben, urjprünglicy Einheit eines Ausdrudsgebildes jei: jeder Stein, jede Wolfe, jede Sternfonitellation wäre dann „Rede und Blid”. Was aber redete aus ihm, blidte uns an? — Anwort: das All-Innere, das WeltInnere. Mit diejer Sortführung eines an id) reellen Phänomens ins Allgemeine, mit diefer metaphyjiichen Erweiterung des Ausdrudscharafters auf alles und jedes, jtehen wir bei der philojophijchen Lehre der Symbolit,