Charakterologie

Notwendigfeit einer genaueren Unterfuchung des Typenbegtiffes 71

„ungütig“ zu fein, zeigt jchon, daß es ih durchaus nit um „Mengen“ oder „Stärfegrade“ einer innerlic ji abhebenden Komponente handelt. Aber lieber „erklärt“ man fi dann dies Derhältnis jo, daß ein recht be= trädhtlihes Maß an Güte vorhanden jei (wodurd) man fich allein erklären tan, dak der Betreffende nicht „ungütig“ ift), dab aber diefe Güte durd) andere Eigenjchaften (etwa Sinn für die Notwendigfeiten des realen Lebens) ausgeglichen werde, jo daß diefe Komponente nicht in Erfcheinung tritt; lieber erklärt man fid) die mangelnde Ausprägung zum einen Pol dur diefe inneren „Ausgleihungen“, als daß man auf die Annahme von Einzeleigenihaften verzichtet, die durd die Ausprägung zum Typijchen, wie man meint, deutlichjt angezeigt würden.

Es ift der Menjchheit wohl gelungen, die Erkenntnis des Charafters durch Aufitellung immer neuer Typen, immer neuer Ausprägungsformen jehr fruchtbar zu bereichern (d. h. ihn als Ganzes in immer neue Derjpettiven mit fonträr entgegengejesten Polen zu bringen) — es ijt ihr aber nicht gelungen, auch nur eine einzige echte Eigenjdhaft des Charakters zu zeigen.

Der Grund liegt im Wejen des Charakters jelbit, in jeiner bejonderen Seinsweile, bei fi felbjt überhaupt noch nichts Inhaltliches darzuftellen. Er hat ein relationales Sein, ein Bezugsjein. Darum fönnen wir, nahdem er fich in der Brechung mit unjerem Erleben als zu diejem und jenem Typ hinneigend gezeigt hat, unjer Erleben nicht wieder eintlammern, wie wir es bei Ieblojen Dingen fönnen. Täten wir es, jo behielten wir ein inhaltlofes Nichts übrig, von dem wir an Eigenjhaften im echten Sinne immer nur jagen fönnten: es muß irgendwie jo jein, daß es jid) in der Brechung mit unferem Erleben als zu dem oder jenem Typenpol hin ausgeprägt zeigt.

über dieje Erkenntnis, daß die jogenannten Eigenjchaften des Charakters in Wahrheit niemals Einzelheiten des Charatters geben, jondern immer den ganzen Charakter in einer bejtimmten Typenperjpeftive einorönen, täufcht leicht der Umjtand hinweg, daß die Typenperjpeftiven verjcieden allgemein oder einzeln find. Das hat aber mit der Einzelheit oder NichtEinzelheit im Charakter nichts zu tun. Allgemeiner oder jpezieller find die Hinjichten, die Perjpeftiven, und dementjprechend die Typenvole in diejen Perjpeftiven. Aber in der allgemeinjten wie in der einzelniten Deripeftive zeigt fi} eben jtets der ganze Charakter jo oder jo ausgeprägt. „Kämpferijch-fein“ ift ficher ein allgemeineres Typenprädifat des Charafters als „gejhidt im Aufräumen fein“ (etwa der Wohnung, des Büros ujw.). Die erjte Ausprägungsgeftalt ijt viel mehr Gelegenheiten „gemein“ (vielen