Das Nordlicht. Bd. 1-2
überraschenden Feiertag werden. Plingsten erfüllt und erwartet den Nordwärts-Schreitenden. Den NordwärtsDenkenden. Den, der den Norden erleidet.
Solches schaute ich von nun an immer wieder. Ich hielt aber im Grunde nichts von dem Gesicht, weil nichts von mir. Ein paar Gedichte schrieb ich wohl in größter Traurigkeit, zerriß sie jedoch oder zeigte sie keinem. Ich hoffte vielleicht dereinst Maler werden zu können. Doch einmal erzählte ich einem Altersgenossen etwas vom Nordlicht, und der ermunterte mich, die Geschichte zu verdichten: lange zweifelte und zauderte ich. Endlich, in Neapel, drängten sich solche Visionen bildhaft klar, blumenmäßig und feurig vor: ich schrieb. Plötzlich erfaßte ich den Plan zum Werk. Autobiographisch sollte der erste Teil sein: ein Sonnenpilgertum, das Eigne, in ihm gefaßt werden. Erlebtes in Verdichtungen wollte ich um mein Eigen-Ich stellen! Allerdings mußte schon der erste Teil entschieden gleichnishaft zum zweiten hinüberleiten! In diesem tritt nun das im ersten Teil kräftig gehämmerte Ich so auf, daß es innerste Geheimnisse offenbaren kann. Apokalyptisches Weltwittern um dieses Ich, soweit es überindividuell zu schauen bereits berechtigt ist, setzt ein. Dieses nun aufleuchtende Ich, ich nenne es für mich »lyrisches Ich «, überragt natürlicherweise ganz die eigne Person, wie sie sich in die irdische Sonnenwelt des ersten Teiles eingeschleiert hat: es steht, auf einer andern Warte und beherrscht simultan Gestaltungen von Ideen und auch ihm dienende, es vertretende Menschen: darunter auch mich. In diesem Ich sind also ebenfalls meine Person und mein Weib enthalten. Durch Geburt und Tod bleiben wir jedoch auf urwunderreichen eignen Beschluß hin geschieden. Erst rein geistig wollen wir uns finden; über uns als Mensehen hinaus im plingstlichen Ich.
Mit einem Weltzusammensturz fängt der zweite Teil des Epos an; mit der Zusammenfassung aller Geboten-
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