Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

daß er die Seligkeit nicht abhängen läßt von der Güte Gottes, sondern von seiner Vernünftigkeit, denn die Güte setzt immer die Möglichkeit eines durch die Vernunft unkontrollierten Affektes. einer willkürlichen Schenkung an den Menschen voraus. und das ist für Gott seinem Wesen nach unmöglich: „Da von enbin ich niht selic, daz got guot ist. Ich enwil des niemer begern, daz mich got selic mache von siner güete, wan er enmöhte ez niht getuon. Dä von bin ich alleine selic, daz got vernünftie ist und ich daz bekenne“ (Pf. 84: 270,58 ff). Die Vernunft braucht zwar die Kraft der Minne, aber sie selbst ist die notwendige Vorbedingung für die Führung dieser Kraft, denn ohne Einsicht wäre die Liebe blind“) und ohne die erst in der Frkenntnis geschaffene Wesenseinheit fehlte die notwendige Vurbedingung für die Entstehung einer Liebe überhaupt, denn diese setzt die Wesenseinheit voraus. Das ist der sachliche Hintergrund der häufig erwähntei Kontroverse über den Primat der Erkenntnis vor dem Willen““).

Wenn Ec&hart die Seligkeit als Erkenntnis bestimmt, so liegi darin durhaus kein Intellektualismus; ja, er verwahrt sich ausdrüclich dagegen: „der mensch sol nit ein benüegen haben mit eim gedahten got, wan der gedank vergät, so vergät ouch der got, mer: man sol haben ein wesenlichen got, der verr ist ob den gedenken des menschen und aller creatur (RAU. 11,9)°®). Seligkeit ist vielmehr das unmittelbar ursprüngliche Leben aus dem logos heraus zum logos hin, und dieses Leben aus dem „Wesen“, aus und in der Wahrheit, ist im eigentlichen Sinn das ewige Leben. Seligkeit und ewiges Leben ist nicht erst ein Leben nach dem Tode, sondern gerade das Leben in der Welt, das die Welt braucht als den Raum und den Bereich zum Wirken gleihsam um die dauernde Spannung der Ferne zu haben, die durch das Wirken aus der Sehnsucht der polaren Glieder unausgesetzt neu überwunden wird in der Einheit, in dem Korrelationsvollzug,. der Gottesgeburt im Ich, der Ichgeburt in Gott, worin Wahrheit, Gerechtigkeit und Güte in der Welt Pa werden und die Welt als eine sinngehaltene existent wiırd.

Wir wiesen schon darauf hin, daß Ewiskeit keine unendliche Zeit ist, sondern Ursprung der Zeit. Als solcher ist sie total von ihr getrennt, aber zugleich auch unaufheblich notwendig auf sie

est) Pf. 35: — Qu. 44,27; 9: 53,17 ff. 632) Pf. 50: 106, 30, 108,14 ff; 37: 126,18 ff; 38: 130, 58 ff: 65: 206,9; 84:

270,26 ff; 85: — Qu. 41,34; 87: = Qu. 36,8; 100: 322, 38. 883) cf, BgTr. 49, 8-26; 50, 1—51, 2.

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