Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

_B. Napoleons Niederlage. 65

Zehn Tage vorher hatten Öſterreich, England, Preußen und Rußſand zu Chaumont den vielen bereits geſchloſſenen Verträgen ein neues Übereinkommen hinzugefügt. Das Fnſelkönigreich verpflichtete ſih zu einer Beitragsleiſtung von jährli<h 5 Millionen Pfund und die Großmächte gelobten, ſelbſt zwanzig Jahre für ihre heilige Sache zu kämpfen und ein Rieſenheer ins Feld zu ſtellen. Jndes, der Krieg ging raſch zur Neige.

Unaufhaltſam drangen die Verbündeten gegen Paris vor. Als Napoleon im lezten Momente — es war für ihn ſchon zu ſpät, in die Hauptſtadt zu eilen — von der unbeugſamen Entſchloſſenheit erfuhr, rief er aus: „Ein ſchöner Schachzug, ih hätte ihn den Generalen der Koalition nicht zugetraut.“ Dieſe geſhmähten Generäle konnten aber am 31. März ihren Einmarſ< in die Metropole vollziehen, in das Zentrum des bereits in ſeiner Auflöſung begrifſenen Kaiſerreihs. Als Metternich im April in Paris erſchien, fand er ein Abkommen zur Unterſchrift vor, durch das Napoleon unter Beibehaltung des Kaiſertitels die Jnſel Elba als ſein kleines Reich zugewieſen erhielt. Jeht war dem Miniſter ſogar dieſe Scheinherrſchaft zu viel, zu gefährlich für den Frieden. Zar Alexander bemühte ſich, die Beſorgniſſe des Miniſters zu zerſtreuen, ohne damit etwas zu erreichen. Erſt als ſich Metternich mit Schwarzenberg beraten hatte, gab er nach. Sind ſeine oft eitel retouchierten Aufzeichnungen in dieſem Teile zutreffend, ſo hatte er damals deutlich das Gefühl, einen Vertrag zu billigen, der die Alliierten „in weniger als zwei Fahren auf das Schlachtfeld zurückführen“ werde. Für die nächſte Zeit war ‘allenfalls Napoleons Empire vernichtet; der Unerſättliche, der eine Weltherrſchaft begründen wollte, mußte ſich mit der kleinen Jnſel Elba abfertigen laſſen. Jm Schloßhofe zu Fontainebleau küßte Napoleon — angeſichts der weinenden Garden — tieferſhüttert das dreifarbige Band an dem Adler, der ihm in allen großen Schlachten vorangetragen wurde und verließ hierauf ſein zweites Vaterland, die Wiege ſeines unerreichten Ruhmes.

Geräuſchlos kam jezt Öſterreich in den allezeit heißbegehrten Beſig von Norditalien. Schon im Frühjahre 1813, als Fürſt Schwarzenberg ſeine Truppen in Böhmen ſammelte, wurde im Süden der Monarchie unter Hillers Leitung ein Heer aufgeſtellt, das ſich auf die Beobachtung des Gegners beſchränken ſollte, aber manhen Kampf beſtehen mußte. Jm Januar 1814 {<loß der immer \hwankende zerfahrene König von Neapel, Murat, mit Kaiſer Franz ein Schuß- und Trußbündnis; der undankbare Schwager des Korſen

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