Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

TIT. Metternich gegen Deutſchlands Freiheit. n __83

tät fortgewieſen wurde, durfte an keiner andern Aufnahme finden. Zeitungen und Schriften, die nicht über 20 Dru>bogen aufwieſen, ſollten fortab in keinem Bundesſtaate ohne vorherige Zenſur zum Drucke befördert werden. Eine außerordentliche Zentralunterſuchungskommiſſion zu Mainz erhielt den Auſtrag, eine möglichſt gründliche und umfaſſende Nachforſchung nah dem Urſprunge und nach den Verzweigungen der revolutionären Umtriebe anzuſtellen. Dieſe Maßnahmen zum Schuge der angeblich bedrohten Güter der Menſchheit mußten, um rehtsverbindliche Kraft zu erhalten, der hohen Bundesverſammlung in Frankfurt a. M. vorgelegt werden. Das geſchah ſo, daß die ehrſamen Geſandten überrumpelt wurden. Am 20. September 1819 ſanktionierte die oberſte Reichsbehörde in Frankfurt die Anſchläge gegen die Freiheit. Merkwürdig genug: der Revolution von unten wollte man durch eine Revolution von oben beikommen. Die Karlsbader Beſchlüſſe vernichteten das freie Verfügungsrecht der Einzelſtaaten und bildeten deshalb eine Verlegung des Bundesrechtes, einen Fauſtſchlag gegen die Grundſäße der Bundesafte. Doch darum kümmerte man ſich wenig. Die Großen durften ſündigen, nur die Kleinen ſollten es nicht tun Ÿ).

Gewiß, die Karlsbader Beſchlüſſe ſind dur< Metternich hervorgerufen worden, und ſie haben Öſterreich moraliſch geſchädigt. Der Name des Staates wurde überall dort mit Abneigung genannt, wo man ſich nach Freiheit ſehnte und die beſſere Zeit vorbereiten half, die auch anbrechen ſollte. Als ſich die Folgen der Beſchlüſſe ganz fühlbar machten, entſegten ſich die aufgewe>ten Untertanen über das Werk des Unheils. Dieſes ſtieß jedoch ſhon vom erſten Augenbli> an auf eine heftige Ablehnung. Selbſt der preußiſche Miniſter Wilhelm von Humboldt nannte die Karlsbader Abmachungen „ſchändlich, antinational, ein denkendes Volk beleidigend.“ Der öſterreichiſche Diplomat Freiherr von Weſſenberg, der — in dieſem Falle nicht <harakterfeſt — Metternich zuerſt viel Schmeichelhaftes ſ{hrieb, vertraute ſeine wahre Geſinnung privaten Aufzeichnungen an, in denen die Beſchlüſſe ſehr ſhle<t wegkamen. „Wer wollte wohl“ — in dieſe Worte brah Weſſenberg aus — „die Strahlen der Sonne verlöſchen, weil ſie uns manchmal recht fühlbar beläſtigen ?!“2) Aber war auch Öſterreichs Staatslenker der Urheber des plumpen Vernichtungsfeld-

1) Georg Kaufmann. Politiſche Geſchichte Deutſchlands im 19. Jahrhundert. Berlin 1900.

2) Alfred Ritter von Arneth. Johann Freiherr von Weſſenberg. Wien 1898. 2. Band.

(rs