Geschichte der französischen Revolution

Der Kultus der Vernunft; Robespierre. T1

reizung des patriotiſhen Gefühls zurü>geführt, und dazu ſtimmt, daß auch hier mit dem Shwinden der Gefahr vom Auslande wieder eine Umkehr eintrat.

Eine beſondere Religion verkündete Robespierre. Er hielt am 21. November 1795 eine merkwürdige Rede, die darin gipfelte: Wenn Gott niht exiſtierte, müßte man ihn erfinden. Damit beginnt in der Regierung ſelbſt die Reaftion gegen die Prinzipien von 1789. Es gab nun keine Freiheit des Glaubens mehr. An Stelle des religiöſen Glaubens trat in Anlehnung an Rouſſeauſche Ideen ein bürgerliches Bekenntnis. Robespierre forderte die Anerkennung des höchſten Weſens, der Unſterblihkeit der Seele, Anerkennung des Sages, daß die würdige Verehrung des höchſten Weſens die Erfüllung der Menſchenrete in ſih ſchließe. Wer gegen dieſe Dogmen verſtieß, galt niht mehr für ungläubig, ſondern für einen ſ{<le<ten Bürger.

Als ein junges Mädchen, das nachher befannte, Royaliſtin zu |

ſein, mit zwei kleinen Meſſer<en in ſeinem Hauſe angetroffen

wurde, erklärte der Diftator geradezu, Gott zu ſein. Als Prä- |

ſident des Konvents feierte er am 8. Juni 1794 das Feſt des „Etre suprême‘““ im Tuileriengarten. Allerhand moraliſche Symbole und Götter, auf Pappended>el gemalt (der Arrangeur des Feſtes war der Maler David), wurden dem Veranſtalter vorangetragen, der meinte, die Tyrannen müßten erbleihen bei dem Gedanken an dieſes Feſt. In hellgelber Hoſe, mit blauem Ro>, dreifarbigem Gürtel und Federhut, einen rie=ſigen Ähren- und Blumenſtrauß in der Hand haltend, ſo marſchierte das Éleine Männchen an der Spißge des Konvents einher. Auf einer Eſtrade legte er an das Idol des Atheismus Feuer, und an ſeiner Stelle erſchien plöglih mit Hilfe einer ſinnreihen Mechanik die Statue der Weisheit. Die gaffende Menge Élatſ<hte begeiſtert Beifall, die nä<hſte Umgebung Robespierres aber tonnte kaum das Lachen verbeißen. Es wäre in der Tat unbegreiflih, wie ein Mann von wahrhaft <aotiſher Armut der Ideen, der au<h niht die Spur von eigener ſchöpferiſcher Kraft ſein eigen nannte, und nur dur ſeinen Sleiß und ſeine Beharrlichkeit im Anfang der Revolution ſi Gehör verſchafft hatte, ſi< vom Präſidenten der Provinzatademie von Arras zum erſten Bürger Franfkreihs auf= ſ{hwingen tonnte, wenn das Niveau des politiſchen Lebens damals niht ſo tief geſunken geweſen wäre. Aber die anſtändigen