Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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Hinrichtung ward auf dem Thron-Playße (der Thron- Barrière) vollzogen, ſodaß die Hinrichtungswagen, auf denen ſi<h die mit rothen Hemden aufgepußzten Opfer befanden, dur< die Arbeiter-Vorſtadt St. Antoine fahren mußten : — 54 Opfer, weil Robespierre ſih einbildete oder zu glauben vorgab, daß ihn Cäcilie Renault hätte ermorden wollen! Wenn Louis Blanc behauptet, daß dieſe mit großem Pomp auſgeführte Hinrichtung dur den Sicherheits-Aus\huß veranſtaltet worden ſei, um Robespierre beim Volke verhaßt zu machen, ſo vergißt er oder läßt vielleiht abſihtli<h unberücſihtigt, daß der mächtige Robespierre zur Verhinderung dieſer luxuriöſen Grauſamkeit keineswegs eingeſchritten iſt. Er wär damit einverſtanden.

Wie gut Robespierre das angebliche Attentat zu benußen verſtand, erhellt aus einem Brieſe, den er unterm 6. Prairial an den bei der Armee beſindlihen St. Juſt \ſ<hrieb. Er ſagte in demſelben: „Die Freiheit iſt neuen Gefahren ausgeſeßt; die Rotten erwachen mit einem bedrohlicheren Charakter denn je. Die Butter-Unruhen, zahlreicher und ſtürmiſcher als jemals, während ſie doh am Wenigſten jezt Vorwände haben, ein Aufruhr in den Gefängniſſen, der geſtern ausbrechen ſollte, und die Jntriguen, welche ſih zur Zeit Hebert's offenbarten, ſind verbunden mit Meuchelmorden, die nun ſchon zu verſchiedenen Malen gegen Mitglieder des Wohlfahrts-Aus\chuſſes verſuht wurden. Die Ueberbleibſel der Rotten, oder, beſſer geſagt, die no< immer lebendigen Rotten verdoppeln ihre Kühnheit und Treuloſigkeit. .…. Der Ausſ{huß muß die Kenntniſſe und Energie aller ſeiner Mitglieder zuſammennehmen. Berechne Dir, ob die Nordarmee, die auf den Pfad des Sieges zu führen Du ſo mächtig beigetragen haſt, einige Tage Deine Anweſenheit entbehren kann. Wir werden Dich, bis Du dahin zurücgehſt, dur< einen patriotiſhen Repräſentanten erſeßen.“ — Robespierre ließ dieſen von ihm ſelber verfaßten und geſchriebenen Brief noh dur<h Prieur, Carnot, Billaud-Varenne und Barère unterzeichnen.

St. Juſt kam und blieb kurze Zeit. Was war der Zwe> ſeiner Herbeirufung geweſen? Am 27. Mai verlangte St. Juſt im Wohlfahrts-Ausſchuſſe für Robespierre die „moraliſche Diktatur!“ Auf dieſe Weiſe ſollte das eingebildete Attentat, zu deſſen Feier 54 in rothe Hemden gekleidete Perſonen auf die Guillotine geſhi>t wurden, durh Robespierre ausgebeutet werden !

Die Poſſe vom 20. Prairial (8. Juni), d. h. das Feſt des höchſten Weſens, wobei Robespierre als Hoherprieſter fungirte, fand bei prächhtigſtem Wetter im Freien ſtatt. Er ſtrahlte vor Freude und ging von den übrigen Volksvertretern abgeſondert der Prozeſſion einige Schritte voraus. Er hielt drei Feſtpredigten, in deren einer er verkündigte: „Heute wollen wir uns dem Entzücken einer reinen Wonne hingeben ; morgen aber wollen wir wiederum die Laſter und die Tyrannen bekämpfen.“ Zwei Tage darauf ließ er, indem ex ſeinen Handlanger Couthon vorſchob, dur< den Konvent das ſ<hre>li<he Dekret faſſen, dur< welches den Angeklagten die Zeugen und Vertheidiger benommen wurden,