Giorgiones Geheimnis : ein kunstgeschichtlicher Beitrag zur Mystik der Renaissance

Die von uns auf lateinisch wiedergegebenen Ausdrücke sind für jeden Wissenden eindeutig und dieses Zitat überhebt uns fast der Mühe, noch anderen Spuren chymischer Gesellschaften und ihren geheimen Symbolen nachzugehen. Wichtig ist, daß Papst Paul Il. wie die Astrologie, so auh die Aldhemie und ihre Geheimbünde scharf bekämpfte. Seine nächsten Nachfolger waren in dieser Hinsichtliberaler, so daß Aurelio Augurelli sein alchemistisches Lehrgedicht dem Papst Leo X. widmen durfte, der ihm nach einer unverbürgten Anekdote dafür eine kostbare - aber natürlich leere - Börse verehrte. Jakob Burckhardts „Kultur der Renaissance” unterschätzt wohl etwas die unlösbaren Beziehungen zwischen Astrologie und Alchemie"®), wenn er zu den astrologischen Leidenschaften Italiens im 15.-16. Jahrhundert viel Material beibringt, das alchemistischeAdeptenwesen dagegen wesentlichinden Norden verlegt, während es in Italien damals nur eine geringe Bedeutung gehabt habe. Immerhin wird Marsilius Fieinus, der mit seiner astrologischen Temperamentenlehre solchen Einfluß auf Dürer gehabt zu haben scheint, auch ein alchemistischesTraktat „de arte chimica” zugeschrieben. Neuerdings hat Olschki?°) eingehend auf die leidenschaftliche Polemik verwiesen, die zu Beginn des I6. Jahrhunderts Vanoccio Biringuuccio (gest. 1538) gerade den Alchemisten gewidmet hat. Wichtig ist auch, aus späteren Jahrzehnten, vor allem die Stelle bei Benedetto Varchi über Alchemie. Calmo wendet sich in seinen Briefen und seinen Eklogen „gegen Alchemie und ähnlihen Wahn”; Pomponius Gauricus, der bekannte Dichter und Humanist, wird uns bei Paulus Jovius als Anhänger der „Kunst” bezeugt, freilich hat auch er die betrügerische Seite der Alchemie bekämpft. Bemerkenswert ist für uns, daßeben jener Gauricus (nicht zu verwechseln mit dem Astrologen Lucas Gauricus) seine neapolitanischen Elegien bei dem Venezianer Drucker Aldus herausgab, der höchst wahrscheinlich mit Giorgione bekannt war. Auch wendet sich Gauricus in einer seiner „Silvae” direkt an Girolamo Campagnola, der als Vater Giulios mit Giorgione bekannt gewesen sein dürfte.”')

Daß gerade inVenedig und im Venezianischen das alchemistische Wesen am Einde des 15. Jahrhunderts blühte, ist uns bezeugt. Eben jener Aurelio Ausgurelli war hier und in Treviso zu Hause (geb. I441), um die Auffindung

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