Marxismus und Darwinismus
fie auf den erſten Bli> ausſieht, ſo war es doch: den ſozialiſtiſhen Wort= führern niht ſchwer, ihre Unhaltbarkeit nachzuweiſen. Denn es ſind zum größten Teil die alten Argumente, die für den Kapitalismus gegen den Sozialismus ins Feld geführt wurden, nur mit darwiniſtiſchen Ausdrüken neu aufgepußt, und ſie zeugen von glei<h großer Unkenntnis des Sozialismus wie des Kapitalismus.
Der Vergleich der Geſellſchaft mit einem tieriſhen Körper läßt den Unterſchied außer Betracht, daß die einzelnen Menſchen nicht, wie die verſchiedenen Zellen und Organe des Körpers, völlig verſchieden, ſondern nur in dem Grade ihrer Eigenſchaften verſchieden ſind. Die Arbeitsteilung kann in der Geſellſchaft daher nicht ſo weit gehen, daß in einem Menſchen alle anderen Fähigkeiten völlig verkümmern auf Koſten ‘einer einzigen. Uebrigens weiß jeder, der etwas vom Sozialismus verſteht, daß eine zwe>mäßige Arbeitsteilung mit dem Sozialismus nicht verſchwindet, ſondern erſt in der rihtigen Weiſe mögli<h wird. Die Unterſchiede zwiſchen den arbeitenden Menſchen, ihren Anlagen und ihren Beſchäſtigungen werden niht aufhören, ſondern bloß der Unterſchied zwiſchen Arbeitern und Ausbeutern.
Für die Tiere iſ es zweifellos richtig, daß im Kampfe ums Daſein die körperli<h vollkommenſten, die kräftigſten und geſündeſten Tiere den Sieg davontragen; aber für die kapitaliſtiſ<he Konkurrenz gilt das niht. Da hängt der Sieg nicht von der perſönlichen Vollkommenheit des Kämpfers ab. Mögen vor allem in der Welt der kleinen Bourgeoiſie Geſchäftstüchtigkeit und Energie eine Rolle ſpielen, bei der weiteren Entwi>klung hängt der Sieg immer mehr von dem Kapitalbeſiß ab. Das größere Kapital beſiegt das fleinere, au< wo ſi< das kleinere in den tüchtigſten Händen befindet. Nicht die perſönlichen Eigenſchaften, ſondern der Geldbeſiß, der Reichtum entſcheidet über den Erfolg im Daſeinskampf. Die Beſißzer des kleineren Kapitals gehen dabei niht als Menſchen zugrunde, ſondern nur als Kapitaliſten; ſie werden niht aus dem Leben, ſondern aus der Bourgeoiſie ausgemerzt. Der fkapitaliſtiſhe Konkurrenzkampf iſt daher etwas ganz anderes, in Bedingungen wie in Reſultaten, als der Kampf ums Daſein in der Tierwelt.
Die Menſchen, die als Menſchen zugrunde gehen, ſind Mitglieder einer anderen Klaſſe, die an dem Konkurrenzkampf gar nicht teilnehmen. Die Arbeiter treten niht mit den Kapitaliſten in Wettbewerb, ſondern verkaufen ihnen ihre Arbeitskraft. Sie haben durh ihre Beſißloſigkeit niht einmal Gelegenheit, ihre vielleicht vortreffliche perſönliche Veranlagung mit der der Kapitaliſten zu meſſen. Sie ſind nicht arm und elend, weil fie dur< ihre geringere „Tauglichkeit“ im Konkurrenz=kampf unterliegen, ſondern weil ihre Arbeitskraft zu niedrig bezahlt wird. Jhre Kinder gehen deshalb, troßdem ſie der Anlage nah geſund und kräftig find, zahlreih zugrunde, während die Kinder der Reichen, auh bei der ungünſtigſten Anlage, ſorgfältig geſhüßt und gepflegt werden. Die Schwäche, die hier den Untergang bewirkt, iſt keine natürliche, vererblihe Anlage, ſondern ein äußerer Umſtand. Der Kapitalismus ſchafft durch die Ausbeutung, die Herunterdrü>ung des Lohnes, dur die Arbeitsloſigkeit, die Kriſen, die Wohnungsverhältniſſe, die lange Arbeitszeit künſtlich alle jene