Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

— 101 —

Nach 7 Uhr verſammelten wir uns wieder bei den Herrſchaften; der Landgraf ſprach viel mit mix, wax ſehr liebens= würdig und ſcheint ſehr zu wünſchen, daß mein Mann in ſeine Dienſte treten ſoll; doh konnte ih ihm natürlich keine beſtimmte Antwort hierüber geben. Jh hatte die Ehre, mit der Herzogin und den beiden Prinzeſſinnen zuſammen eine Parthie zu machen. Dex Landgraf ſpielte Caſino mit der lächerlichen Frau von Schierſtädt, die ſich auf die Schönheit ſpielt und unglaublih albern zu ſein ſcheint. Beim Souper ſaß ih neben dem Prinzen Wilhelm und dem Herzog ; man ſtand erſt um 12 Uhr von Tafel auf, unterhielt ſi< noh bis gegen 2 Uhr und dann reiſte die Prinzeſſin wieder mit mix ab. 3, Juni.

Wir fuhren die Nacht dux< und waren früh um 8 Uhr in Helmſtädt, wo zwanzig der jungen Herren Studenten, ſämmtli<h ganz in Hellgrün gekleidet, uns empfingen. Wir tranken Thee mit ihnen und fuhren dann ſogleich weiter; die Studenten gaben uns noh das Geleite bis Erxleben, wo wir unſer erſtes, Rélais fanden, und Abends 8 Uhr waren wir wieder in Magdeburg. |

>

% %

Jm Herbſt deſſelben Jahres 1761, aus welchem die vor-= ſtehenden Tagebuch - Blätter datirt ſind, war Berlin noh einmal in großer Gefahr. Die Ruſſen unter Buttuxrlin be= drohten die Churmark und die Hauptſtadt, und Friedrich IL, dex Laudon in Schleſien gegenüberſtand, konnte nichts thun um jene zu ſ{hüyen. Jn dieſex Noth befahl ex dem General Platen, mit 8000 Mann in dem Rücken des Feindes in