Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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rathen; doh dieſe Verbindung kommt niht zu Stande und man meinte, daß der Prinz ſie zu hintertreiben gewußt habe.

Die Tagebücher laſſen übrigens auch den unliebenswüxdigen Charakter der Prinzeſſin von Preußen niht unerwähnt; es heißt wiederholt mit einem Ausdru> des Mitleids: „Dex Prinz habe ein ſehr unangenehmes Leben in ſeiner Häuslich= keit, die Prinzeſſin ſei ſehr unartig mit ihm.“ Dann tritt die alte Leidenſchaft desfelben mit einem Male wieder hef= tiger hervor und ex ſcheint ſeine Vorſäße und Verſprechungen zu vergeſſen. Die Oberſthofmeiſterin ſagt beunruhigt hierüber: „Der Prinz ſpricht wieder mehr mit Zulie, das muß aufhören. Jm Grunde fürchte ih vor Allem, daß ſie ſelbſt ſih innerlih nicht re<t von ihm frei machen kann“; und ſpäter: „Dex Prinz kommt ewig zux alten Königin nach Schönhauſen und ih weiß, das Alles geſchieht doch nur ivegen Julie. Jh beſorge, er giebt ſie noh immer nicht ganz auf und ſinnt nur darüber nach, ob es gar keine Hoffnung für ihn gebe. Wenn nux troß all feiner Verſprechungen dieſe Sache niht doh no< ſi< zum Unheil wendet! — Man müßte Julie durchaus ganz vom Hofe entfernen.“

Jm Januar 1786 ſchreibt die Oberſthofmeiſterin in ihrem Tagebuche: „Die Leidenſchaft des Prinzen iſt immer dieſelbe; ex verſucht nur mehr als früher ſie zu verbergen und iſt ſehr vorſichtig, aber mich täuſcht ex niht. Meine geliebte Julie dagegen benimmt ſih ganz vortrefflih.“ Und einige Wochen ſpäter: „Der Prinz. wollte heute Abend nicht ſpielen; ih ſah, es geſchah nux, um einen Moment zu erhaſchen, mit meiner Nichte zu ſprechen. Gott weiß, was ex ihr ſagte, ſie ſchien ſehr ergriffen und unglü>li< darüber zu ſein und plößlih verlor auch ex die Faſſung und gerieth ganz außer