Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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17. December.

Dex König ſcheint nux glücklich zu ſein, wenn er ſie ſieht. Wo ſie iſ, ſieht er Niemand, als ſie, ſpricht nux mit ihr und hat ni<hts Anderes mehr im Kopf, als ſeine Leidenſchaft. Jh ſehe die Sache dem ſhlimmſten Ende mit Gewalt zugehen, muß dabei ſtehen und kann ſie nicht aufhalten.

20. December.

Auch die Prinzeſſin Friederike ſcheint jeht das nahende Unglück zu ahnen und iſ ſehr trauxig. Sie iſt jezt 20 Jahre alt und ſteht dem Vater am Nächſten; ſie fühlt ganz, wie ſeine und unſere Ehre bedroht iſt.

22. December.

Dex König klagte mir, meine Nichte behandle ihn \hle<t; ex ſei faſt mit ihr brouillixt; aber dennoch ſpricht er leidex immerfort mit ihr.

23. December.

Ex ſaß allein mit ihr im Kabinet der alten Königin; ſie ſcheint in Wahrheit niht mehr ſehr grauſam zu ſein; das empört mih und Gott allein weiß, wie unglü>li<h und troſtlos ih über dieſe Sache bin! —

24, December.

Sa predigte heute ſchön, aber ſhwermüthig; die Sache mit Julie, und die Wendung, die ſie nimmt, zehrt an ihm.

25, Decembex

Heute war Hofconcert; der König verließ Alles, um zux fxanfen Prinzeſſin zu gehen, weil meine Nichte dort war. Dieſe Leidenſchaft läßt ihn alles Andere vergeſſen und jede

Rückſicht vexlieren. 26. December.

Das Benehmen des Königs iſ unverzeihlih; immer verfolgt er ſie mit den Augen und ſpricht nur mit ihr. Es wäre beſſer, ſie verließe auh jeht noh den Hof.