Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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ging i< no< zu Dönhoff's auf eine halbe Stunde, kam

aber zum Souper wieder in's Schloß und fand den König

niht gerade ſehr glänzender Laune nach all dem Spektakel. 5. Juni.

Tag der Huldigung. - Jh war erkältet und fiebernd, hatte eine abſcheuli<e Nacht und konnte kaum auſſtehen, mußte aber doh um 6 Uhr heraus und mi< putzen und um 8 Uhr in der Kirche ſein. Die Predigt war erträglich; darna<h wurde das Tedeum geſungen und wir gingen wieder in die Zimmer der Königin, wo" der Miniſter Haugwih zwei Reden vorlas, eine lateiniſhe an die Biſchöfe und eine deutſche an die Miniſter, und dieſe dann in Gegenwart des Königs den Eid leiſteten. Jett ſtellte ſfih der König unter den Thron-Himmel, der Graf Bronikowsky hielt eine ſehr ſ<höne Rede auf polniſ<h und der Präſident Wagner cine auf deutſh. Alles war tief gerührt. Die Fremden und die Beamten aßen im Moskowiter-Saal, der unglaublich groß iſt; die Tafel des Königs war in ſeinen Zimmern. Nach Tiſch zog man ſi< eine Stunde zurück. Abends gingen die Majeſtäten zum Miniſter Groeben.

Die Studenten brachten einen Fackelzug, eine Serenade und ihre Huldigungen dar, aber ih war zu Bett gegangen und ſah ſie niht mehr.

6. Juni.

Großes Diner an zwei Tafeln. J< hatte ſehr viel zu ſchreiben und ſehr viel Viſiten zu empfangen, auch die Familie des Prinzen Lubinsky kam. Abends war ein großes Feſt im Moskowiter-Saal, der von einer fabelhaften Größe iſt. Alles was nux möglich war hatte man eingeladen und doh war noch viel Play übrig, außer in dem Theil des