Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

4 I. Alter des Poimandres.

müssen, sah schon Rieß. In neuerer Zeit hat Kroll‘) den meines Erachtens zwingenden Nachweis geführt, daß sie dem Ende des zweiten Jahrhunderts v. Chr. angehören. Sein Aufsatz und ein Vortrag Dieterichs über das Mithras-Mysterium?) gaben mir den Anlaß, die früher von mir kurz gestreiften Fragen?) neu und in weiterem Rahmen zu behandeln.

Die Bedeutung der astrologischen Schriften, die sich auf einen angeblichen König Nechepso und seinen Berater, den Propheten Petosiris, zurückführen, liegt darin, daß sie trotz des eigentlich widerstrebenden Stoffes die beiden typischen Formen der theologischen Hermes-Literatur durchführen. Sie schließen zunächst an Göttergespräche: Hermes offenbart sein geheimes Wissen zwei jüngeren Göttern, Asklepios und Anubis. Selbst wenn wir nicht wüßten, daß Petosiris auch über „ägyptische und griechische Theologie“ und über die ägyptischen Mysterien geschrieben hat*), müßten wir annehmen, daß die neue, aus babylonischen und ägyptischen Elementen unter der Einwirkung griechischer Astronomie entwickelte Lehre sich nur darum als Offenbarung eines ägyptischen Gottes geben konnte, weil dies die für Ägypten übliche Form theologischer Schriften war. Eine Bestätigung hierfür gibt die weitere Nachbildung dieser Schriften in den ®puyıa ypäuuara des ägyptischen Herakles, die sogar schon in den Anfang des zweiten Jahrhunderts v. Chr. fallen müssen.°)

Kaum minder wichtig für die Formen der hellenistischen Theologie scheint mir die zweite Art der Einführung dieser Lehren bei Nechepso, die uns Vettius Valens erhalten hat (Rieß Fr. 1). Er sagt: axboucı oVv Kal ZnAwric TUyxavw tWv maAaıWwv Bacıkewv TE Kal tupavvwv [Kai]) TWV TEPL TA TOIMÜTR ECTOVdAKOTWV, ETTEL UN TOIC AauTOIC nNUTUXNCAa Bıwvar xpovomc, EÜTAPPNCIACTOV Kal dpPdovov TOV aidEepa Kal TMV Avalnrncıv KEKTNUEVOLC. EIC TOCOUTOV Yüp

1) Aus der Geschichte der Astrologie, Neue Jahrbb. f. Phil. u. Päd. VI 559 ff.

2) Vgl. Verhandlungen der Straßburger Philologen-Versammlung S. 49.

3) In dem zweiten Teil der Zwei religionsgeschichtlichen Fragen (Straßburg 1901). Ich setze die dort gegebenen allgemeinen Ausführungen über den Gott Thot im folgenden voraus und berichtige nur Einzelheiten.

4) Suidas TTeröcıpıc.

5) Zwei religionsgesch. Fragen S. 94, vgl. unten Kap. V.

6) kai habe ich getilgt, vgl. Manilius140: natura .. regales animos primum dignata movere.

ann.