Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

dorthin, ſowie na< Kawarna abgegangen, das no< fortbrannte. Am 12. Fuli ging au< das öſterreihiſ<heLloydſ<hi\f „Auſtria“ dahin ab und fehrte Tags darauf mit etwa 500 Flüchtlingen zurü>. Bis Abends hatten die Behörden jedo<h ni<t die Erlaubniß der Ausſchiffung ertheilt. Nur nah vielen. Vorſtellungen gelang es, ihre Einwilligung zu erlangen, daß die Flüchtlinge nah dem nahen Kloſter St. Conſtantin gebracht werden fonnten. Zu dieſem Behufe mußten dieſelben aber auf dem türkiſhen Dampfer „F8mail“ überſchifſt werden. Als aber Nachts verlautete, daß die Flüchtlinge an irgend einem Punkte der aſiatiſchen Küſte an's Land geſeßt werden ſollten, bemächtige ſi<h derſelben eine verzweifelte Stimmung. Die lauten Hilferufe der Unglülichen drangen bis in die Stadt und veranlaßten den edlen egyptiſ<hen Prinzen Haſſan, der ſi<h über die Urſache dieſes Fammerns unterrichten ließ, die ſofortige Ausſchiffung der Flüchtlinge anzuordnen. Die Flüchtlinge wurden niht müde, das humane und liebenswürdige Benehmen des Capitäns des öüſterreihiſ<hen Dampfers „Auſtria“ zu loben, der den Unglülichen während der Aufnahme und der Ueberfahrt von Baltſchik, ſowie während der unfreiwilligen Zurückbehaltung derſelben auf ſeinem Dampfer jede nur erdenklihe Sorgfalt angedeihen ließ.

So wie in Kawarna die Türken wütheten, ſo hauſten die Baſchi-Bozuks in Feni-Saghra. Es war am 18. Funi, da wurde bekannt, daß in einem Hauſe an der Außenſeite der Stadt, das einſt das Eigenthum eines gewiſſen Maim geweſen war, deſſen Frau mißhandelt und dann ermordet worden ſei, worauf man ſie in einem Düngerhaufen im Hofe eingegraben habe. Man verſchafſte Leute, welche ſi< an die ſhauerlihe Aufgabe machten, ſie ſtießen in kurzer Zeit auf die Leiche einer 30 bis 40 Fahre alten Frau. Der Kopf war zur Unkenntlichkeit zer\<lagen und das Kleid ober der Bruſt mit Blut geſättigt. Die bloß daliegenden Körpertheile ſchienen weiß und ſ{<ön und zeigten keine Spur eines Kampfes. Der Anzug war ſehr anſtändig, zum großen Theil mit Sti>erei verziert, und der lange weiße Unterro> ſo friſh, als ob er erſt angelegt worden wäre, was bewies, daß ſie no< niht lange an dieſem dumpfigen Orte gelegen ſein konnte. An einem in der Nähe gelegenen Orte fand man die Ueberreſte eines Mannes in grobem bulgariſchen Anzuge, mit einem fürchterlihen Säbelhieb über Hals und Geſicht und den Anzeichen einer Kugel in der Stirn. Dieſer Mann war dem Anſchein na<h 30 Fahre alt. Jn dem Hauſe eines gewiſſen DobroulonMinchon (der gute Demetrius) fand man Blutfle>èn auf dem Thürpfoſten und man bemerkte einen dur<hdringenden Geruch, als ob eben erſt eine Leiche fortgetragen worden wäre. Auf dem

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Flur fand man unter einem Haufen von Kleidung8ſtü>en ein Frauenhemd von grobem, bulgariſchen Baumwoſllenſtoff, vom Hals bis zur Hüſte vo m friſhen Blut dur<hnäßt. Die Wunde war offenbar in der Bruſt geweſen, das Blut war über den Körper herabgeſtrömt und hatte bei dem um den Leib gehenden Gürtel geſto>t.

Gerade gegenüber dieſem Hauſe liegt eine Karawanſerei Nr. 59, Eskir-Zama-Kapreſſin, welche von einem gewiſſen Taskel-olon-Fwan gehalten wurde. Hier fand man in einer Scheune, mit etwas Stroh bedeckt, drei Leichen, ein junges Weib, 20 bis 22 Fahre alt, von vollen, runden Formen und \{hön goldblondem Haare, das über Geſicht und Schultern herabfloß, quer über den Leichen von zwei Männern liegend. Es war ein fürhterliher Anbli> und die Geſchichte ſchien für ſi< ſelbſt zu reden. Dieſe armen hilfloſen Leute hatten Shuß in der Scheune geſucht, die Männer waren zuerſt ermordet worden, und das Weih vorher mißhandelt und dann getödtet.

Jun einem Hauſe nebenbei fand man auf einem offenen Plate vor der Veranda den Körper eines jungen Mannes, dem der Kopf durch einen Säbelhieb halb abgetrennt war. Sein Name war JFordan-oglon-Geordi. Man fuhr dann auf's Land hinaus und ſtieß dort, eine Viertelmeile von der Stadt, auf den Körper eines Mannes, welcher dem Anſchein na<h Heu gemacht hatte, mit zerſ<hmettertem Kopfe. Es fehlte {hon den Unterſuchern die Zeit und ein Entſetzen war über ſie gekommen, das ſie lange niht los werden fonnten, aber die Bulgaren waren no< niht müde und wollten ſie noh fort auf andere Schauderſtätten führen.

Nach den Erzählungen einiger nah und nah zum Vorſchein kommenden Ortsbewohner, war am 14. Juli, um 3 Uhr Naqhmittags, eine große Anzahl Baſchi-Bozuks angekommen und hatte die mohammedaniſhe Bevölkerung vor den anrü>enden Ruſſen gewarnt. Die Moslems flohen, und es waren dieſe Leute, welhe am Sonntag Früh in Conſtantinopel ankamen, die dort die Nachricht verbreiteten, daß ſie von den Ruſſen vertrieben und niedergemeßelt worden ſeien. Fn der Nacht lagerten die Baſchi-Bozuks außerhalb der Stadt beim Bahnhof. Am Sonntag drangen ſie wieder in die Stadt, plünderten den Bazar, deſſen Läden ſämmtli<h den Bulgaren gehören, und ſte>ten ihn in Brand. Das Gemegzel dauerte 24 Stunden fort, begann mit den beſſeren Claſſen und nah dem allgemeinen Zeugniß der Bulgaren, wurden die Frauen faſt in jedem Hauſe in unbeſhreibli<her Weiſe mißhandelt. Am Montag kamen die regulären Truppen auf dem Rüczuge von Kaſanlik an, und damit ſchien das Gemetzel ein Ende genommen zu haben. Miltlerweile hatten 4000 Perſonen

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