Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

und es wurde denſelben Zeit gegeben, ihr Verſprehen auszuführen. Aber es zeigte ſi fein Mann, und als General Gurko Boten hinſandte, um ſi< der Urſache zu vergewiſſern, fand er, daß dieſe Gentlemen ihre militäriſhe Ehre verpfändet und ihr gegebenes Ehrenwort gebrochen hatten. Dieſer und der ſhle<hte Streih vom vorigen Tage, deſſen nur rohe Wilde fähig ſind, reichten hin, um den Charafter einer Nation mit Schande zu brandmarken, deren reguläre Armee ſolche Dinge verübt hatte. Aber wie ſoll man die gräßlichen Thaten beſchreiben, welche no< weiters begangen wurden!

Man ſtieß auf Leute, welche die kopfloſe Leihe eines Offiziers auf einer Bahre herabtrugen, und ſpra<h davon, daß dies niht das einzige Beiſpiel war. Auf der Höhe des Paſſes erfuhr man die ganze Wahrheit. Der Türke, dieſer „Gentleman“ der engliſ<hen DrawingRooms (Geſellſchaft8zimmer), dieſe von regulären Offizieren geführte, mit engliſhem und bulgari{hem Gelde gefütterte und genährte Creatur, hatte jeden ruſſiſ<hen Soldaten verſtümmelt, der todt oder lebendig in ſeine Hände fiel. Ein junger Tirailleur-Offizier rief in Liegnis Gegenwart: „Ft der engliſche Correſpondent da?“ und ſagte dann zu ihm gewendet: „Haben Sie den Haufen von Köpfen geſehen?"

Auf ſeine verneinde Antwort ſette er bitter hinzu: „Ah, es würde beſſer ſein, wenn Sie nac<ſähen, was Jhre „Freunde“ gethan haben !“ Augenbli>li< verwies ihm ein Stabsoffizier das Wort und ſagte: „Sie können nicht ſagen, wie bitter wir es fühlen. Alle Offiziere ſind der Anſicht, daß es nie zu dieſem Kriege gekommen wäre, daß die Bulgaren frei geworden ſein würden, ohne Blutvergießen, hätten die Engländer niht dieſem Volke ihre Unterſtützung angedeihen laſſen.“

Man ging weiter und unterſuchte Batterien und Kanonen, aber mit abweſendem Geiſte, in Gedanken mit dem „Haufen von Todtenſchädeln“ beſchäftigt. Und was iſſt mit den Körpern geſhehen? Auf jedem Munde ſ<webte dieſelbe Frage: „Haben Sie die enthaupteten und verſtümmelten Leihen der Verwundeten geſehen?" Auf die Frage um den Beweis, daß es wirkli<h die Verwundeten waren, die eine ſolche Behandlung erlitten, wurde ſtets dieſelbe Antwort: „Urtheilen Sie ſelbſt!"

Gegen die öſtlihe Flanke der Poſition zurü>fehrend, fam man an einer Gruppe verwundeter Türken ctwa fünfzig vorüber, deren

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Wunden verbunden und gepflegt wurden, als ob dieſer „Haufe von Ruſſen-Schädeln“ nie geſehen worden wäre.

Wenige Schritte weiter ſtand ein Kreis von Nuſſen, Offizieren und Mannſchaft, und bli>ten ſelbe wie betäubt auf das Schauſpiel vor ihnen. Da waren endlich die Körper zur Beſihtigung geſammelt: alle ohne Kopf, einige in Stü>ke gehauen, andere auf eine Weiſe behandelt, welche allgemein als die tiefſte Shmach für jeden lebenden oder todten Körper betrachtet werden würde. Aber waren dieſe Leute todt oder no< am Leben, als ihnen das angethan wurde? Mit Bezug auf Einige könnte die Sache zweifelhaft erſcheinen, bei den Uebrigen aber war jeder Zweifel ausgeſ<loſſen, daß ſie no< lebend verſtümmelt wurden. Hier ſah man einen Körper, deſſen Finger erbarmung8los abgehauen waren. Dort lag ein Mann in einer Stellung, welche deutlich zeigte, daß er gekämpft habe, um ſeine Kehle zu retten; neben ihm ein Anderer mit dem rothen Kreuz am Arm. Einer in der ſhre>lihen Gruppe lag mit bloßem Bauche da, der fkfreuzweis mit Meſſern dur <hſ<nitten war und zeigte, daß Blut aus den Wunden gefloſſen ſei ; einem Anderen waren alle Exlremitäten abgeſchnitten. Ein junger und wohlgebildeter Körper mit weißerer Haut als die übrigen, war enthauptet und ſ<ändli< verſtümmelt, aber es fand ſi< feine einzige WUND an hit; die Ler im regelmäßigen Kampfe hätte erhalten fönnen. Das waren nur einzelne Beiſpiele. Da lagen Männer, welche verwundet oder nicht verwundet in die Hände der türkiſhen „Gentlemen“ gefallen waren, die ſie grauſam ermordet und verſtümmelt hatten, indem ſie ſo zeigten, daß ſie ſo grauſame Wilde ſind, als irgendwo in Afrika oder Judien zu finden ſeien. Und nur wenige Schritte davon verbanden ruſſiſche Aerzte die Wunden dieſer Wilden und herumſtehende Soldaten bewachten ſie. Das war feine Theaterſcene. Niemand wußte, daß ein Correſpondent da ſei, aber die Wirkung war eine ſolche, wie ſie kein Senſations-Tableau hervorbringen könnte. „Auf der einen Seite war Civiliſation, ſo rauh als man immer will, aber do< immer Civiliſation auf die Vor\<riſten des Chriſtenthums gegründet auf der anderen Seite Barbarei und die mehr beſtialiſhe Wildheit grauſamer Menſchen“, ſo {loß der Correſpondent ſeine Mittheilungen,