Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

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gungsſtellungen zu nehmen, entſ{<loß ſi< endlich das türfiſhe Obercommando zu einer Vorrü>ung gegen die ruſſiſhen Aufſtellungen am LomFluſſe. Dieſe Action hatte einen doppelten Zwe: ſie war eine Diverſion, zu Gunſten Suleiman Paſchas unternommen, um die Ruſſen dur< Bedrohung ihrer Rückzugslinien aus dem Schipka-Paſſe heraus zu manövriren, und zweitens war ſie die Einleitung zu dem Hauptangriffe, der demnächſt gegen die rufſiſhe Armee gerichtet werden ſollte.

Die Actionen ſchienen freili< ziemli<h verſpätet zu ſein. Der Zeitpunkt zu ſolhen war unmittelbar na< der Schlacht von Plewna am 31. Juli und beim erfolgten Angriffe des Schipka- Paſſes von Seite Suleiman Paſchas, als gegen dieſen das Gros des 8. ruſſiſhen Corps verwendet und zu dieſem Ende Tirnowa faſt ohne Vertheidigung gelaſſen werden mußte, das war am 23. Auguſt,

Ende Juli war in Folge der Niederlage des rufſiſhen re<ten Flügels der Moment, die Angriſf8operationen auh gegen den linken ruſſiſchen Flügel zu beginnen. Ein offenſiver Vorſtoß von Plewna und Rasgrad gleichzeitig in der Richtung von Siſtowo unternommen und mit Energie durchgeführt, hätte, wenn man auh niht geſiegt, das über den Balkan detachirte ruſſiſhe Corps ſofort zum ſ<hleunigen Rückzuge gezwungen und den Schipka -Paß ohne Kampf in die Hände der Türken geliefert, Der Moment nah dem 23. Auguſt war zum allgemeinen Angriffe no< günſtiger. Mehemed Ali und Osman Paſcha hatten bereits mit Suleiman Paſcha, welcher die ruſſiſche Beſaßung im Schipka-Paſſe hart bedrängte, die Verbindung hergeſtellt und konnten ſtatt der nußloſen Diverſion einen wirklichen Angriff gegen Tirnowa unternehmen. Tirnowa war nah dem Vormarſche des Gros Radebky's zur Unterſtüßung der Vertheidiger des Schipka-Paſſes nur \<wa< von ‘den Ruſſen beſet. Wenn nun die inLowtſ<ha, Bebrowa und Osman-Bazar geſtandenen drei türkiſhen Diviſionen entſchloſſen gegen dieſe Stadt vorgedrungen wären, ſie hätten ohne Zweifel die ihnen entgegenſtehenden ruſſiſchen Truppentheile über den Haufen gerannt und fonnten ſi< Tirnowas bemächtigen. Für die Türken war bei dieſer Operation keine Gefahr vorhanden, weil ſie im ſ{limmſten Falle wieder in ihre vorigen Stellungen zurü>gehen konnten, während bei dem gelungenen Angriffe ihnen außer der wichtigen Poſition Tirnowa auch der SchipkaPaß mit dem ganzen Corps Radetßky's in die Hände gefallen wäre, Die ſpäteren Operationen hatten aber ni<t mehr ſo günſtige Chancen für die Türken.

Es waren auc die theilweiſen Angriffe der Türken bei Karahaſſankiöi, Heidarkiösi

und Kadikiöi, welhe von türkiſhen Diviſionen aus Rasgrad, Eskfi- Djuma und Ruſt\<uk gegen den ruſſiſhen linken Flügel, ſowie von Plewna bei Peliſchat gegen den ruſſiſchen re<ten Flügel am 30. und 31. Auguſt unternommen worden waren, demonſtrativer Natur. Der türkiſhe Generaliſſimus wollte dur< ein gleihzeitiges Engagement ſeiner beiden Flügel gegen die ruſſiſhe Hauptmaht das Debouchiren eines großen Theiles von Suleiman's Truppen auf Seitenpäſſen über den Balkan erleichtern, na<hdem deſſen directes Vordingen dur< den Sqhipka-Paß in aht blutigen Gefehtstagen vereitelt worden war. Es war übrigens das eigenmächtige, ſelbſtſtändige Vorgehen Suleiman Paſchas, welches die Pläne des türkiſchen Obercommandanten dur<hkreuzt hatte. Die Poſitionen Mehemed Ali's waren allerdings trefflih gewählt, vorzüglich befeſtigt und genügend und zwe>entſprechend beſet. Die Vertheilung ſeiner Kräfte in dem Feſtungs-Viere> erfolgte mit beſonderem Geſchide. Mehemed Ali konnte ſomit ruhig den Ereigniſſen entgegenſehen, mit dem Bewußtſein, daß ſi< die Ruſſen, wo ſie immer eingreifen mochten, die Köpfe niht weniger blutig \<lagen würden, als bei Plewna. Mehemed A li entſchloß ſi, troßdem die erwarteten 60 Bataillone Suleiman Paſchas bisher auf dem Operation8-Schauplaße nicht eingetroffen waren, die Offenſive zu ergreifen, wobei ſi<h der Marſhall die Aufgabe geſtellt haben mochte, die momentane gegneriſhe Schwäche, das geſunkene moraliſche Element des Feindes zu ſeinen Gunſten auszunüßen, in der Offenſive aber niht weiter zu gehen, als es die Rückſicht für die eigene Sicherung und für die Vermeidung einer Niederlage bedingte.

Dieſer Abſicht entſprechend, erhielt Ds man Paſcha ſeine Befehle, und wurden au<h auf dieſem Theile des Kriegs\hauplabes die erforderlihen Vorkehrungen getroffen. Es lag ſtets im Plane des türkiſ<hen Obercommandanten, vorerſt Tirnowa in Beſiß zu erhalten. .

Hierzu aber bedurfte Mehemed Ali der directen Theilnahme Suleiman Paſchas, die fi< in einer bereits erfolgten Vereinigung diesſeits des Balkans oder doh wenigſtens in der Beſißnahme von Gabrowa manifeſtiren mußte. Nachdem- in dieſem Momente keine der beiden Bedingungen zugetroffen, ſo mußte der beabſichtigte Stoß gegen Tirnowa unterbleiben und \i< Mehemed Ali für die Durchführung eines offenſiven Schlages in einer anderen Richtung entſcheiden. Er wählte hierzu vorläufig die Richtung gegen Karahaſſankivi, und dieſe war in der That mit Rückſicht auf die allgemeinen Verhältniſſe und auf die gebotene eigene Sicherheit die günſtigſte, für welhe ſi< der Obercommandant entſcheiden konnte, i