Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Tſchaltepe an der Kette des Rhodope bis zum Berge Kruſchowo über den Schwarzen Balkan (Kara-Balkan), die Berge Jeſchek-Kulatſchi, Tſchepelin, Karakolas und Zſchiklar bis zum Fluße Arda. Von hier aus wird die Grenzlinie in der Richtung der Stadt Tſchirmen geführt; die- Stadt Adrianopel ſüdli<h verlaſſend, geht ſie dann dur die Dörfer Sugutlin, Kara-Chamſa, Arnaut-Kiöi, Akardſhi und Fenidſhi zum Fluſſe Tekedereſſi, dann dieſen, wie den Tſchorludereſſi entlang bis Luleburgas und dann weiter am Fluß Sudſhaf-dere bis zum Dorfe Sergen über die Höhen direct nah Chakim-Tabiaſi, wo ſie an das Shwarze Meer hinausläuft. Die Grenze verläßt die Seeküſte unweit Mangalia, zieht ſi< an der Südgrenze des Sandſchaks Tultſcha hin und erreicht oberhalb Raſſowo die Donau.

Art. VIL. Der Fürſt von Bulgarien wird von der Bevölkerung frei gewählt und von der Hohen Pforte mit Zuſtimmung der Mächte beſtätigt. Kein Mitglied der regierenden Dynaſtien dex europäiſchen Großmächte darf zum Fürſten von- Bulgarien gewählt werden.

Wenn die Würde des Fürſten von Bulgarien vacant bleiben ſollte, ſo wird die Wahl des neuen Fürſten unter denſelben Bedingungen und in derſelben Form vorgenommen.

Eine in Philippopel (Plowdiw) oder in Tirnowa berufene Verſammlung von Notabeln Bulgariens entwirft vor der Wahl des Fürſten unter Aufſicht eines ruſſiſchen Kaiſerlichen Commiſſärs und im Beiſein eines ottomani{hen Commiſſärs das Statut der künftigen Verwaltung nach dem Vorbild deſſen, wie es im Fahre 1830 nach dem Frieden von Adrianopel in den Donau-Fürſtenthiümern geſchah.

Jn denjenigen Gegenden, wo die bulgariſche Bevölkerung mit türkiſchen, griechiſhen, walachiſhen (KuzoWalachen) oder anderen Stämmen gemiſcht iſ, wird bei den Wahlen oder der Ausarbeitung des organiſchen Statuts auf die Rechte und Jutereſſen dieſer Volksſtämme die gehörige Rückſicht genommen.

Die Einführung des neuen Verwaltungs8modus in Bulgarien und die Ueberwachung ſeiner Durchführung wird für die Dauer von zwei Fahren dem ruſſiſchen Kaiſerlichen Commiſſär übertragen. Nach Ablauf des erſten Jahres ſeit Einführung des neuen Regimes können die europäiſchen Cabinete, wenn ſolches für nothwendig befunden und darüber ein Einvernehmen zwiſchen ihnen, Rußland und der Hohen Prorte erzielt wird — dem ruſſiſchen Kaiſerlichen Commiſſär beſondere Bevollmächtigte zur Seite geben. :

Art. VIT. Die ottomaniſche Armee wird ſih nicht mehr in Bulgarien befinden und alle früheren Feſtungen werden auf Koſten der localen Regierung geſchleift. Die Hohe Pforte wird das Recht haben, nach ihxem Ermeſſen über das Kriegsmaterial und die übrigen der Ottomaniſchen Regierung gehörigen Gegenſtände zu verfügen, welche etwa in den auf Grundlage des Waffenſtillſtandes vom 19. (31.) Januar bereits geräumten Donau-Feſtungen verblieben wären; dasſelbe gilt von den in den feſten Pläßen Schumla und Varna etwa befindlichen Kriegsvorräthen und Gegenſtänden.

Bis zur vollſtändigen Bildung einer für Aufrecthaltung der Ordnung, Sicherheit und Ruhe genügenden eingeborenen Miliz, deren Zahl ſpäter dur eine Uebereinkunft zwiſchen der Ottomaniſchen Regierung und dem Kaiſerlich Ruſſiſchen Cabinet feſtgeſtellt wird, halten ruſſiſhe Truppen das Land beſetzt und leiſten dem Commiſſär, falls es nothwendig wäre, Beiſtand. Dieſe Occupation wird indeß auf ungefähr zwei Jahre beſchränkt ſein.

Die Stärke des aus ſe<s Diviſionen Jnfanterie und zwei Diviſionen Cavallerie gebildeten ruſſiſchen OccupationsCorps, das na< Räumung der Türkei von den Kaiſerlichen Truppen in Bulgarien verbleibt, wird fünfzigtauſend Mann nicht überſchreiten. Dieſe Truppen werden auf Koſten des von ihnen beſet gehaltenen Landes unterhalten. Die ruſſiſchen Occupationstruppen in Bulgarien behalten ihre Verbindungen mit Rußland nicht blos über Rumänien,

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ſondern au< dur die Häfen des Schwarzen Meeres Warna und Burgas, wo ſie für die Dauer der Occupation die nöthigen Magazine errichten können.

Art. 1X. Die Höhe des jährlichen Tributs, den Bulgarien dem ſuzeränen Hofe zu zahlen hat, unter Abführung der Summe an die von der Hohen Pforte ſpäter zu beſtimmenden Bank, wird durch eine Uebereinkunft zwiſchen Rußland, der Ottomaniſchen Regierung und den übrigen Cabineten am Schluß des erſten Jahres, nachdem die neue Organiſation in Kraft getreten, feſtgeſtellt. Dieſer Tribut wird nah dem mittleren Ertrage des ganzen Territoriums feſtgeſtellt, das in den Beſtand des Fürſtenthums aufgenommen wird.

Bulgarien tritt an die Stelle der Kaiſerlih Ottomaniſchen Regierung in Bezug auf deren Pflichten und Verbindlichkeiten gegenüber der Eiſenbahn-Geſellſchaft Ruſtſchukz Varna nach Uebereinkunft zwiſchen der Hohen Pforte, der Regierung des Fürſtenthums und der Verwaltung dieſer Geſellſchaft. Die Regelung der auf die übrigen das Fürſtenthum durchſhneidenden Eiſenbahnen bezüglichen Fragen bleibt glei<falls dem Einvernehmen zwiſchen der Hohen Pforte, der in Bulgarien eingeſeßten Regierung und den hierbei intereſſirten Bahnverwaltungen vorbehalten.

Art. X. Die Hohe Pforte wird das Recht des Durhzuges dur<h Bulgarien haben für den Transport ihrer Truppen, Munitions- und Verpflegungsvorräthe nach jenen Provinzen hin, welche jenſeits des Fürſtenthums gelegen ſind, und auch zurü>. Um Schwierigkeiten und Mißverſtändniſſe in Bezug auf die Anwendung dieſes Rechtes zu vermeiden, „wird, übrigens unter vollſtändiger Sicherſtellung der militäriſden Bedürfniſſe der Hohen Pforte, im Laufe von drei Monaten nah Ratificirung des vorliegenden Documents im Wege Einvernehmens zwiſchen der Hohen Pforte und der Verwaltung Bulgariens ein beſonderes Reglement die einſchlägigen Bedingungen regeln.

Es gilt als ſelbſtverſtändlich, daß ſich dies Recht nur auf reguſäre ottomaniſche Truppen erſtre>t und daß die Jrregulären, die Baſchi-Bozuks und Tſcherkeſſen unbedingt davon ausgeſ<lofſen ſind.

Die Hohe Pforte behält ſi< auh das Recht vor, ihre Poſt durch das Fürſtenthum zu befördern und daſelbſt eine Telegraphen-Linie zu unterhalten. Die beiden Punkte werden gleichfalls in dieſer Weiſe und innerhalb des vorbezeichneten Zeitraums geregelt. f

Art. X[. Die Grundbeſitzer mohammedaniſchen oder anderen Glaubens, wel<e es wünſchen ſollten, ihren perſönlichen Aufenthalt außerhalb des Fürſtenthums zu nehmen, können im Beſitz ihrer dortigen Jmmobilien bleiben und ſie entweder verpachten oder von Anderen vérwalten laſſen. Türkiſch-bulgariſche Commiſſionen unter Auſſicht ruſſiſcher Commiſſäre werden in den HauptbevölkerungsCentren ihren Siß nehmen, um im Laufe von zwei Fahren definitive Entſcheidungen zu treffen in Bezug auf alle Fragen betrefs Feſtſtellung des Jmmobilarbeſibes, wo die Jutereſſen von Perſonen mohammedaniſhen oder anderen Glaubens engagirt ſind. Aehnliche Commiſſionen werden beauftragt, im Laufe von zwei Jahren alle Angelegenheiten zu regeln, die ſi<h auf den Modus für Expropriirung, Exploitation oder die Verwendung für Rechnung

‘der Pforte von Staatseigenthum und geiſtlichen Stiftungen

(Vakuf) beziehen.

Nach Ablauf des oben erwähnten Zeitraums von zivei Fahren werden alle bis dahin nicht reclamirten Beſihzlichkeiten im Wege öffentlichen Ausgebots verkauft und die dafür vereinnahmten Summen zum Unterhalt der Witwen und Waiſen, ſowohl mohammedaniſcher als chriſtlicher, der Opfer der letzten Ereigniſſe, verwendet.

Art. XI]. Alle Feſtungen an der Donau werden ge\chleift. An den Ufern dieſes Stromes werden künftig keine feſten Plätze mehr vorhanden ſein; ebenſo wenig auch Krieçsſciffe in den Gewäſſern der Fürſtenthümer Rumänien, Serbien und Bulgarien, ausgenommen die üblichen Stations- und kleinen Fahrzeuge, welche für die Strompolizei und den Zolldienſt beſtimmt ſind.

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